KI in Design Futures | Es geht um viel: um unsere Zukunft, um Partizipation und Handlungsfähigkeit. Fünf interdisziplinäre Teams zeigen KI-basierte good-practise-Anwendungen in strategisch relevanten Feldern.
KI in Design Futures
Die gesellschaftliche Debatte über Chancen, Risiken und den Quantensprung von KI hat durch ChatGPT derart Schwung bekommen, dass sie nun endgültig im breiten gesellschaftlichen Diskurs angekommen ist. Zumal kaum ein Lebensbereich von der Realität, intelligent vernetzte und zunehmend selbstständig verarbeitete, gigantische Datenmengen nutzen zu können, nicht vom Fuß auf den Kopf gestellt wird. Was heißt das konkret? Für gesellschaftliche Kontexte und speziell fürs Design?
Wie gestalten wir unsere zukünftigen Lebenswelten mit und durch KI? Was steckt über das fancy Buzzword, das gerne dann fällt, wenn die Lösung eines realen Problems nur angedeutet, fiktionalisiert und ins Ungefähre Blaue vertagt werden soll? Geht es nur um ein „one-tick pony”, um Prognosemaschinen und Mustererkennungsautomaten, die die Erwartungen, die in sie gesetzt werden, zugegeben immer brillanter einlösen?
Was bedeutet der Einsatz von KI für uns alle, die gesamte Gesellschaft, deren Organisation? Für so wichtige Bereiche wie die Neuerfindung unseres Umgangs mit Energie und Ressourcen unter klimaverträglicheren Bedingungen, für die Gesundheitsversorgung, für Geschäftsmodelle, Handels-, politische und soziale Beziehungen? Hier bieten sich Ansätze der Mitgestaltung, Chancen zur Konstruktion fairer Teilhabe, um die Trägheit der Vergangenheit zu überwinden und die zahlreichen Probleme, die durch die gegenwärtigen sich überlagernden Krisen offengelegt wurden, mit forciertem Tempo mit anzugehen.
Übertragen auf das Thema des Strategischen Gestaltungsprojekts stellt sich uns die Frage, wie wir als Gestalter dazu beitragen können, diesen gesellschaftlichen Prozess mit zu initiieren, die Solidargemeinschaft zu stärken und jeden Einzelnen, dessen Ängste und Bedürfnisse, aber auch dessen Ressourcen, Beteiligungswillen und -potential einzubinden.
Fünf interdisziplinäre Teams entwickelten Strategische Designlösungen, Organisations-, Service- und Handlungsoptionen und zeigen Anwendungsfelder für KI-Technologien in Realszenarien auf.
Prof. Gabriele N. Reichert, Prof. Dr. Susanne Schade
de:libra - Demokratie im Gleichgewicht
Kurzbeschreibung
Die de:libra App ermöglicht einen simplen und direkten Zugang zur politischen Selbstbestimmung, schafft Transparenz durch eine neue und verständliche Darstellung von Informationen rund um politische Diskussionen und stärkt die Vernetzung von Gleichgesinnten und politisch engagierten Menschen.
Problemstellung
Politik ist heute zu komplex, unverständlich und unzugänglich. Das ist fatal, denn aktuell stehen wir vor großen globalen Herausforderungen, die in der Politik gelöst werden müssen. Aber häufig bleiben die Bürgerinnen und Bürger außen vor. Durch die Entzweiung von Repräsentant:innen und Bürger:innen verliert die Politik immer mehr an Vertrauen. Dieser Missstand wird auch auf unterschiedlichen Wegen deutlich, z.B. bei der aktuellen Wahlumfrage zur Bundestagswahl vom Juni 2023.
Vision
Wir sind der Überzeugung, dass alle Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrem Einkommen, ihrer sozialen Herkunft oder ihrer politischen Bildung, in einem demokratischen System partizipieren sollen. Erst, wenn wir sicherstellen können, dass sich jeder gleichermaßen beteiligen kann, kann auch Politik stattfinden, welche wirklich alle Bürgerinnen und Bürger einschließt.
Wir wollen die Wirksamkeit von persönlichen politischem Handeln verdeutlichen und dadurch das Vertrauen in die Politik wieder stärken. Für eine stabile Gesellschaft von Morgen brauchen wir vor allem ein pluralistischen Zugang zu politischen Debatten.
Daher stellt sich für uns die Frage: Wie können wir Menschen wieder für eine aktive politische Partizipation begeistern?
Mission
Wir möchten eine neue Art der politischen Selbstwirksamkeit anstoßen und dafür sind zwei Punkte essenziell: Aktivierung des bürgerschaftliches Engagement und die Bereitstellung attraktive Möglichkeiten sich zu äußern. Für diese Punkte benötigen wir hochwertige Informationen, die diverse Perspektiven beinhalten und ebenfalls Tools, die diese Informationen wiedergeben und gleichzeitig ermöglichen, zu dem System beitragen zu können.
Warum KI?
KI zeigt das Potenzial als eine Art Vermittler zwischen den Repräsentant:innen und Bürger:innen auftreten zu können.
Um möglichst uneingeschränkt auf die Inhalte aus Protokollen von politischen Sitzungen (z.B. Stadtratssitzung) zugreifen zu können, benötigen wir eine Architektur aus Sprachmodellen, die auf unterschiedlichen Arten natürliche Sprache verarbeiten kann. Mit demselben System können wir auch die Eingaben von seitens der Bürger:innen, die von unserem Chatbot aufgenommen werden, auswerten. Nun ist es möglich, nicht nur Themen aus den politischen Protokollen zu identifizieren, sondern diese ebenfalls den Anliegen aus der Bevölkerung zuzuordnen. Damit können wir eine digitale Brücke zwischen Repräsentant:innen und Bürger:innen aufbauen.
Des Weiteren wird es möglich sein, große Mengen an Informationen inhaltlich zu analysieren und auf neue und verständliche Art und Weise für Endkonsumenten darzustellen. Auch können wir dadurch politische Prozesse besser erklären, indem wir die Ansichten und Probleme einer bürgerlichen Mehrheit bündeln und aufbereiten können.
Konzept
Die zukünftigen Nutzer:innen werden durch unsere Plakatkampagne auf de:libra aufmerksam. Wir möchten vermitteln, dass man der eigenen Stimme Gehör verschaffen kann. Gleichzeitig lenken wir die Aufmerksamkeit darau, dass Partizipation und Demokratie häufig als ein Prozess wahrgenommen werden, in welchem sich Bürger:innen häufig unmündig fühlen.
In unserer App de:libra kann der politische Partizipationsprozess wird mithilfe des Chatbots gestartet. Hier können Bürger:innen ihre Anliegen äußern. Dabei wird das Anliegen verorten (lokalisiert), also ein physischer, reeller Ortes wird dem Anliegen zugewiesen. Des Weiteren wird das Anliegen in einen Kontext gesetzt (kontextualisiert). Hier werden durch den Chatbot Fragen gestellt, die dazu dienen sollen, die Beweggründe des Verfassers zu erfassen (z.B. „Warum glaubst du, dass das dein Anliegen ein Problem ist?“)
Zusätzlich wird das Anliegen mit weiteren Daten angereichert, auf die der Chatbot Zugriff hat (z.B. durch Internetdaten oder Daten aus der Textverarbeitung durch die KI - Architektur)
Ist eine Konversation abgeschlossen, wird diese durch den Chatbot in einer Zusammenfassung wiedergegeben. Damit gewährleisten wir, dass der Chatbot alles richtig verstanden hat und Nutzende sich über dessen Funktionsweise klar werden. Ist die Zusammenfassung
bestätigt, erstellt der Chatbot eine Anfrage und spielt diese konkret RepräsentantInnen mit dem entsprechenden Fachbereich zu.
Gleichzeitig wird eine Visualisierung in der App für die Bürger:innen erzeugt.
Auf einer interaktiven Karte werden alle Anfragen gesammelt und für alle Bürger:innen zur Verfügung stellt. Dort können sich die Bürger:innen ebenfalls über Filter zu Anfragen aus ganz spezifischen Themen informieren.
Die Anfragen werden von RepräsentantInnen in den politischen Diskurs übernommen. Wird eine Anfrage in einem Gremium diskutiert, werden die entsprechenden Protokolle dazu aufgearbeitet. Neue Informationen, welche relevant für die Anfrage sind, werden automatisch in der App visualisiert. So zeigt die Timeline, was genau besprochen wurde, was mit der Anfrage passiert und wie sich der politische Prozess der Entscheidungsfindung gestaltet. Des Weiteren haben die Bürger:innen die Möglichkeit Anfragen zu unterstützen, indem sie Anfragen liken und so zu mehr Sichtbarkeit verhelfen.
Ein weiteres Feature ist eine inspirierende Anzeige von den neuesten Anträgen und Beschlüssen aus der direkten Umgebung der Bürger:innen. So wird gewährleistet, dass alle Anträge und Beschlüsse den Benutzenden anzeigt werden, unabhängig ihrer thematischen Präferenzen und trägt gleichzeitig zu einem diverseren Meinungspublikum bei.
Des Weiteren gibt es die Möglichkeit für Repräsentant:innen eine Umfrage zu einem Antrag schalten zu können. So können konkrete Fragen durch ein Stimmungsbild von Bürger:innen überprüft werden.
Vorteile
Damit politische Entscheidungen von einer breiten Masse getragen werden können, müssen diese verständlich sein und die Bedürfnisse der Masse widerspiegeln. Um das möglich zu machen, wollten wir BürgerInnen stärker zu Wort kommen lassen.
Mithilfe einer einzigen Plattform werden politische Prozesse durch den Einsatz von KI transparent und verständlich. Anfragen und Beschlüsse werden sichtbarer und aus diversen Perspektiven beleuchtet. Nutzende erhalten Unterstützung bei der Formulierung von Anfragen, dadurch steigt die Informationsqualität und Repräsentant:innen können basierend darauf besser arbeiten. Durch die intelligente Adressierung landen Anfragen direkt an den richtigen Stellen und können schnell weiterbearbeitet werden. Gleichzeitig zeigen wir den Bürger:innen für sie lokal relevante Themen an, welche für und aus ihrer Community stammen.
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