Fluchtroute Design

Eine menschzentrierte Unterstützung durch den Asylprozess

— told

Design formt politische Realitäten – es entscheidet mit darüber, wer Zugang zu Informationen, Rechten und Unterstützung erhält. Fluchtroute Design setzt genau hier an: Das Projekt beschäftigt sich mit dem deutschen Asylverfahren, insbesondere der Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – ein Schlüsselmoment, der häufig über ganze Lebenswege bestimmt.

Mit told wurde eine traumasensible App entwickelt, die Geflüchtete dabei unterstützt, ihre Fluchterfahrungen strukturiert und in eigenen Worten zu erzählen – sicher, verständlich und selbstbestimmt. Dabei greift told auf Prinzipien der traumasensiblen Interaktionsgestaltung zurück: Nutzer:innen können Inhalte schrittweise erarbeiten, jederzeit pausieren und behalten volle Kontrolle über ihre Daten und Erzählungen. Solche Mechanismen orientieren sich an internationalen Leitlinien für Trauma-Informed Design und setzen um, was auch die Narrative Expositions Therapie betont: Sicherheit, Transparenz und Autonomie sind die Grundlage für vertrauensvolle Interaktion [1]. Gestaltung wird so als Brücke zwischen individuellen Bedürfnissen und institutionellen Strukturen verstanden [2] und begreift sich zugleich als politische Handlung, die gesellschaftliche Machtverhältnisse aktiv mitgestalten kann [3].

Die gestalterische Innovation liegt in der Verbindung von sozialwissenschaftlicher Perspektive, Interaktionsgestaltung und Kommunikationsdesign. told integriert traumasensible Usability mit inklusiver Kommunikationsgestaltung: Individuell anpassbare Farbpaletten, mehrsprachige Typografie und bidirektionale Layouts schaffen einen Raum, der kulturelle Vielfalt respektiert und Zugänge demokratisiert [4]. Die Gestaltung reagiert auf reale Bedingungen: geteilte Unterkünfte, geringe Privatsphäre, unterschiedliche Lesefähigkeiten – all das wird in ein niedrigschwelliges, niedrigschwelliges Design übersetzt.

Darüber hinaus zeigt told, dass Gestaltung nie neutral ist, sondern immer Form, Funktion und Freiheit miteinander verknüpft [4] – und dass Design gesellschaftliche Strukturen verändern kann [3][5]. Die App nutzt Narrative UX, um persönliche Geschichten in eine Form zu bringen, die sowohl individuell sinnstiftend ist als auch institutionellen Anforderungen standhält. Dieses hybride Modell – zwischen persönlichem Erzählen und standardisierter Datenerhebung – stärkt die Selbstermächtigung der Betroffenen, während es gleichzeitig Behörden entlastet.

So zeigt told, dass Gestaltung in komplexen sozialen Kontexten wirksam werden kann – und dass sie es muss: Indem digitale Zugänge geschaffen, kulturelle Barrieren abgebaut und emotionale Sicherheit ermöglicht werden, wird ein Raum eröffnet, in dem Betroffene auf Augenhöhe gehört werden – als selbstbestimmte Erzähler:innen ihrer eigenen Geschichten.

Quellen
[1] Schauer, M., Neuner, F., & Elbert, T. (2011). Narrative Exposure Therapy: A Short-Term Treatment for Traumatic Stress Disorders. Hogrefe.
[2] Borries, F. v. (2016). Weltentwerfen: Eine politische Designtheorie. Suhrkamp.
[3] Fry, T. (2010). Design as Politics. Berg Publishers.
[4] Kosok, F. (2021). Form, Funktion und Freiheit. Transcript Verlag.
[5] Sunstein, C. (2001). Designing Democracy: What Constitutions Do. Oxford University Press.

Zukunftskonzepte

Die Gestaltung von Prozessen schafft Spielräume für Ideen, die weit über die Gegenwart hinauswirken können. So auch bei told: Im Projekt wurden drei Zukunftsfunktionen entwickelt, die perspektivisch in die Anwendung integriert werden können.