Die Studierenden haben anhand eines frei wählbaren Themas neue Konzepte für Produkt-Service-Systeme entwickelt, die unter anderem neben Formen der haptischen Interaktion auch digitale Komponenten und Prozesse berücksichtigen.
Zum Vorgehen
Dazu wurden entsprechende Arbeits- und Tätigkeitsabläufe recherchiert und analysiert, Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Nutzer*innengruppen und analogen wie digitalen Produkten aufgezeigt, um entsprechende Entwicklungspotenziale zu identifizieren.
Wir haben uns dabei mit unterschiedlichen Modalitäten von Interaktion auseinandergesetzt und anhand der jeweiligen Projektthemen neue Lösungsoptionen erarbeitet. Der Arbeitsprozess umfasste User Research, Anforderungsdefinition, Lösungsentwicklung / Prototyping sowie die Evaluation und Präsentation interaktiver Systeme.
stelv.io ist ein KI-basiertes Racing-Interface, das unter anderem Fahrdaten, Streckeninformationen und Informationen anderer Fahrer in Echtzeit analysiert. Die App verbindet OBD-Daten sowie externe Devices wie Apple Watches und nutzt adaptive Agenten, um dem Fahrer gezieltes Feedback zu liefern – live oder im Nachhinein. Die KI übernimmt dabei nicht nur die Analyse, sondern echtes „Sense Making“: kontextabhängig, personalisiert und präzise. Vor, während und nach jedem Rennen entsteht so ein durchgängiges Verständnis für die eigene Performance – ergänzt durch eine vernetzte Community, in der Erfahrungen geteilt und Wettbewerbe ausgetragen werden. Jede Runde wird dadurch intelligenter und spannender.
Problemidentifikation
Aktuell gibt es keinen zentralen Ort, an dem alle relevanten Renn- und Fahrzeugdaten zusammenlaufen. Fahrer müssen mehrere Apps nutzen, um Wetter, Streckendaten oder Fahrzeuginformationen zu erhalten. Die Daten sind verstreut, schwer zugänglich und oft ohne Kontext kaum nutzbar. Personalisierte Hilfestellung fehlt – Tipps sind meist allgemein und nicht auf Fahrstil oder Fahrzeug zugeschnitten. Zudem mangelt es an Echtzeit-Feedback: Warnungen kommen oft zu spät oder gar nicht. Nach dem Rennen gibt es zwar viele Zahlen, aber keine klare Auswertung oder Erkenntnisse – Datenflut ohne Bedeutung. Hinzu kommt, dass viele Amateurfahrer sich wünschen, das Fahrgefühl und die Analysequalität professioneller Rennfahrer zu erleben – doch aktuelle Lösungen bieten dafür kaum die nötige Tiefe, Integration oder Unterstützung.
Technische Architektur
Im Kern funktioniert stelv.io nicht als klassische App mit festem UI-Flow, sondern als dynamisches Agentensystem, das verschiedene Datenströme intelligent bearbeitet. Die technische Infrastruktur basiert auf einem zentralen Datenfluss, nicht einem statischen Datensee: Sobald der OBD-Reader verbunden ist, werden die ausgelesenen Fahrzeuginformationen automatisiert in den laufenden Datenstrom eingespeist – ergänzt durch Echtzeitdaten aus Sensoren, Wearables, anderen Fahrern und API-Schnittstellen.
Innerhalb dieses Flusses übernehmen spezialisierte KI-Agenten unterschiedliche Rollen. Einige erkennen Muster im Fahrverhalten, andere gleichen Umgebungsdaten oder Streckentypen ab, wieder andere bereiten Informationen kontextsensitiv für die Weiterverarbeitung auf. Diese Agenten agieren nicht separat, sondern kollaborativ – sie teilen Zustände, reagieren auf neue Datenzustände und justieren laufend ihre Gewichtung. Daraus entsteht eine adaptive Architektur, die nicht auf klassische Menüs oder Nutzerinteraktionen angewiesen ist, sondern Entscheidungen proaktiv trifft.
Statt „Daten abrufen“, denkt das System für den Nutzer voraus: Es erkennt z. B. autonom, ob sich das Fahrzeug auf einer bekannten Strecke befindet, ob das Fahrverhalten vergleichbar ist mit vorherigen Sessions, oder ob externe Faktoren wie Wetter oder Verkehr eine Relevanz für die aktuelle Analyse haben.
Das „Sense Making“ der KI geschieht nicht durch starre Regeln, sondern durch kontinuierliches Lernen im Fluss: Welche Daten sind gerade relevant? Welche Korrelationen treten auf? Welche Information braucht der Fahrer genau jetzt?
stelv.io versteht sich daher nicht als Plattform mit Inhalten, sondern als aktiver Prozess – modular, reaktiv und stets eingebettet in das reale Fahrgeschehen. Der OBD-Reader ist nicht nur Datenquelle, sondern aktiver Eingangskanal in ein lernendes System, das Wissen nicht speichert, sondern in Bewegung hält.
Design
Die App vernetzt Fahrzeug-, Gesundheits- und Umgebungsdaten und wandelt sie in direkt umsetzbares Feedback um. Dabei steht nicht die reine Anzeige im Vordergrund, sondern das aktive Verstehen und Begleiten des Fahrers – im Dialog.
Vor dem Rennen führt stelv.io durch eine strukturierte Vorbereitung: Streckeninformationen, Fahrzeuganalysen, Wetterdaten und Community-Hinweise werden intelligent gebündelt. Die KI erkennt potenzielle Schwächen, gibt Setup-Empfehlungen und liefert personalisierte Strategievorschläge – alles in Echtzeit.
Während der Fahrt aktiviert sich die Live View, ein minimalistisches Interface, das ausschließlich über eine farbdynamische Kugel mit dem Fahrer kommuniziert. Sprachsteuerung ersetzt klassische Bedienung: Die KI gibt Hinweise (grün), der Fahrer spricht (blau), bei Gefahr wird gewarnt (orange), und im Push Mode motiviert das System aktiv zur Leistungssteigerung (rot).
Nach dem Rennen folgt eine umfassende Analyse. Die KI verarbeitet Telemetrie- und Verhaltensdaten, erkennt Fahrmuster und gibt gezieltes Feedback zur Verbesserung. Ergänzt wird das durch Community-Funktionen wie Leaderboards, Challenges und ein interaktives Feed-System, in dem sich Fahrer austauschen und voneinander lernen können.
Interaktion
stelv.io wurde von Grund auf so konzipiert, dass die Interaktion mit dem System den Fokus des Fahrers niemals beeinträchtigt. Während des Rennens erfolgt die Bedienung vollständig auditiv: Der Fahrer spricht mit dem System – etwa um Informationen abzurufen, den Push Mode zu aktivieren oder Feedback zu geben – und erhält direkt eine kontextabhängige, präzise Antwort der KI. Dieser sprachbasierte Dialog ermöglicht eine bedienungsfreie Steuerung, die den Blick stets auf der Strecke belässt und keinerlei Ablenkung erzeugt.
Die App reagiert dabei auf natürliche Sprache und passt sich dynamisch an die jeweilige Fahrsituation an. Informationen werden nur dann ausgegeben, wenn sie relevant sind – ruhig, klar und immer mit Rücksicht auf das aktuelle Renngeschehen.
Außerhalb der Fahrt, etwa bei der Vorbereitung oder der Analyse nach dem Rennen, kann stelv.io auch klassisch per Touch bedient werden. Die Benutzeroberfläche ist dafür bewusst einfach gehalten, modular aufgebaut und visuell klar gegliedert. Einstellungen, Fahrzeugkonfigurationen oder Rennberichte lassen sich so bequem im Stand oder während der Boxenzeit anpassen – ohne Zeitverlust, ohne Komplexität.
Durch diese Kombination aus Sprachsteuerung im aktiven Modus und Touch-Bedienung im Ruhezustand entsteht ein System, das sich dem Nutzerverhalten anpasst – nicht umgekehrt. Die Interaktion bleibt dadurch jederzeit zugänglich, sicher und intuitiv.