In der Bachelor-Arbeit im 7. Semester bearbeiten die Studierenden – meist in Gruppen – anhand eines frei wählbaren Themas ein Gestaltungsprojekt, in dem sie ihre erlernten Kenntnisse in Recherche, Konzept und Entwurf praktisch anwenden.
Connected In Distance – Creating Intimacy Using Tech
Wie kann Technologie uns dabei helfen, unser menschliches Bedürfnis nach Verbundenheit zu achten und dabei emotionale Nähe trotz Distanz erlebbar machen?
Wir sind in das Zeitalter der Hypererreichbarkeit eingetreten, in dem wir eine Fülle von Vernetzungsmöglichkeiten haben, die uns trotz Entfernung zusammenbringen. Dennoch fühlen wir uns zunehmend voneinander isoliert, da wir die Balance zwischen Kommunikation und Verbindung verlieren, indem wir Ersteres übermäßig vermitteln und Letzteres verschwenderisch ausreizen.
Auf Distanz sind wir bei der Kommunikation auf technologische Mittel angewiesen. Diese ermöglichen es uns nicht immer, Intimität und Nähe zu empfinden, da wichtige Komponenten wie der gemeinsame Kontext, eine verbundene Absicht und Raum für Emotionen entfallen.
Ein Kommunikationsansatz, welcher neuen Raum für emotionale und bewusste Gespräche schafft.
Viele Kommunikationsmittel ermöglichen uns schon den schnellen Austausch von Informationen. In der heutigen Gesellschaft ist unsere Beziehung zur Technologie auf Unmittelbarkeit ausgerichtet. Wir erwarten schnelle Antworten von unserer Technologie und diese erwartet im Gegenzug schnelle Antworten von uns.
Dies spiegelt sich auch in der Art und Weise wider, wie wir mit anderen kommunizieren, da die meisten unserer Kommunikationsplattformen auf denselben schnellen Feedbackschleifen beruhen. Gängige Tools berücksichtigen kaum unser Bedürfnis nach emotionalen, intimen Gesprächen, für die wir uns gerne Zeit nehmen und bewusst öffnen wollen.
Durch die gemeinsame Praxis des aktiven Zuhörens und einen Raum für Ausdruck durch ungestörten Monolog können zwei vertraute Partner echte, ehrliche Gespräche erleben, welche ihrer Bezogenheit und gegenseitiger Wertschätzung Nachdruck verleihen. In Form eines Rituals ermöglicht dies langfristig durch Selbstreflexion und gemeinsamer Reflexion ein Wachsen an sich selbst und miteinander. Menschen geben ihrem Gespräch durch das Ritual die besondere Wertschätzung, die es verdient und können dadurch regelmäßigen Austausch pflegen, der ihre Beziehung stärkt. Das Erlebnis erfordert ein festes Commitment und funktioniert nur durch die aktive Teilnahme beider Nutzer, da die Session synchron und in Echtzeit stattfindet.
Aufgebaut als Audioerfahrung, orientiert sich das Gespräch am Input eines Voice Assistants. Eine Zufallsverteilung zu Beginn jeder Konversation bestimmt die jeweiligen Rollen der Sitzung, damit jedes Erlebnis unvoreingenommen startet und jeder Nutzer dauerhaft beide Positionen beziehen muss (Intention). Ein rollenspezifisches Intro und eine Meditationsübung helfen dabei die Rolle einzunehmen und den Raum wahrzunehmen (Mental Context). Dem Sprecher wird im Monolog ein selbstbestimmter Ausdrucksraum gegeben, während der Zuhörer aktiv zuhört und Empathie mit seinem Partner aufbauen kann. Nach der Reflexion und Wirkung kommen die Nutzer zu einem Austausch zusammen, der es ihnen ermöglicht, das Erlebte zu vergemeinschaften. Dieser Moment bietet eine kurze Pause nach dem Hör- und Sprechakt im Monolog und bietet durch Entschleunigung einen Wirkungsraum für das Erlebte (Cooling). Jede Session beginnt mit einem Check-In, welches durch die Eingabe eines Stimmungsbildes Anfangssensibilität füreinander aufbauen soll. Sitzungen enden mit einem Check-Out, wobei ein Learning, Insight oder Fortschritt festgehalten werden kann (Framing).
Technologie als Mittel zum Zweck
Durch ein Voice Interface verschwinden Bildschirme und Pixel, die uns während unserem Gespräch oft ablenken können. Der Sprachassistent bietet eine auditive Begleitung durch Phasen im Gespräch, stört dieses dabei nicht übermäßig und bestimmt weder Inhalt noch Richtung vor. Durch das Zurücknehmen von technischen Komponenten kann ein natürliches Gespräch stattfinden, welches vom Medium nicht übermäßig vermittelt oder abstrahiert wird.
Freiraum für Transformation
Der freie Raum zum Sprechen im Monolog konfrontiert den Nutzer mit seinen eigenen Gedanken und Gefühlen. Es gibt hier keine Vorgaben und keine Beeinflussung durch Fragen des Gesprächspartners. Dabei kann ein authentischer Redestrom stattfinden, welcher vom Sprecher selbst reflektiert und vom Hörer aufmerksam empfangen werden kann.
Um sicherzustellen, dass beide Nutzer tatsächlich in der Erfahrung ankommen, und nicht nur an der Oberfläche des Erlebnisses verweilen, hilft ein Magic Circle als Rahmen für die Umgebung der Erlebniswelt. Dieser stellt eine Trennung von vorherigen Alltagsgesehen dar und bildet einen mentalen Kontext und Begegnungsraum für die Beteiligten.
Das Konzept wurde iterativ mehrfach mit Anwendern getestet und angepasst. Das Ergebnis war, dass sich die Anwender einander näher fühlten und durch die entschleunigte Kommunikation besser aufeinander eingehen konnten. Auch allgemein veränderte sich ihre Kommunikation im Alltag positiv. Der Monolog als Sprechakt, welcher zuvor als herausfordernd und unbehaglich wahrgenommen wurde, galt für alle Testpersonen nach Überwindung als befreiend und bedeutungsvoll. Hier haben Teilnehmer über sich und ihren Gesprächspartner lernen können.
Insights und Guidelines für GestalterInnen
Die Entwicklung des validierten Konzepts basiert auf zahlreichen wertvollen Erkenntnissen, die zusätzlich in Richtlinien, sogenannten Building Blocks, zusammengefasst sind, um andere Designer bei der Gestaltung intimer Erlebnisse mit Hilfe von Technologie zu unterstützen. Dieser Leitfaden soll als Anregung dienen und basiert auf den Erkenntnissen meiner Arbeit. Sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und können erweitert und angepasst werden. Im Anhang lässt sich das PDF mit den Building Blocks zum Durchblättern finden.
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