Wie macht man ein Design-Projekt in einem interdisziplinärem Team? Wie erlangt man schnell zu Erkenntnissen und Entwürfen im Lösungsraum? Ein Projekt zwischen Design-Sprint, Minimum Viable Product und User Research.
Lean Frameworks und Designmethoden.
Lernziel »Wir irren uns empor« (Harald Lesch). Analytische Herangehensweise und Erkenntnisgewinn aus (gescheiterten) Projekten. Mit einigen Leitplanken ist das Fehler-Machen erwünscht und dient dem Lernprozess! Nicht das Ergebnis steht im Vordergrund, sondern der Prozess.
FaceForward – Immersive AR-Therapie für angstfreie Konfrontation
FaceForward ist eine AR-gestützte Therapieplattform, die mithilfe von Apple Vision Pro und iPad eine immersive, individuell anpassbare Konfrontationstherapie ermöglicht, bei der Therapeuten die Konfrontation in Echtzeit steuern und an die Reaktionen der Patienten anpassen können.
Die Plattform besteht aus zwei Komponenten: Ein Teil ermöglicht die Steuerung der Konfrontationstherapie über Augmented Reality (AR), wobei Patientinnen und Patienten mithilfe einer Apple Version Pro in eine immersive Umgebung eintauchen, um angstauslösende Reize kontrolliert zu erleben. Der andere Teil dient Therapeutinnen und Therapeuten zur individuellen Anpassung der Konfrontation, sodass der Therapieprozess in Echtzeit optimiert und auf die Reaktionen der Patienten abgestimmt werden kann.
In welcher Phase der Psychotherapie wird FaceForward eingesetzt?
FaceForward wird in der Konfrontationsphase der Psychotherapie eingesetzt, nachdem Patientinnen und Patienten gezielt auf die Behandlung vorbereitet wurden.
Es kommt insbesondere dann zum Einsatz, wenn eine gezielte, kontrollierte und schrittweise Annäherung an angstauslösende Reize erforderlich ist. FaceForward unterstützt diesen Prozess, indem es eine immersive, anpassbare und durch den Therapeuten steuerbare Konfrontationstherapie ermöglicht, um Ängste in einem sicheren Rahmen zu bewältigen.
User Research
Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen weltweit. Traditionelle Behandlungsmethoden wie die Konfrontationstherapie haben sich als wirksam erwiesen, jedoch stoßen sie in der Praxis oft auf praktische und logistische Herausforderungen. In den letzten Jahren hat die Integration von Virtual Reality (VR) in die Therapie neue Möglichkeiten eröffnet, um Patienten in einer kontrollierten und sicheren Umgebung mit ihren Ängsten zu konfrontieren. Angststörungen manifestieren sich in übermäßiger Angst oder Furcht vor bestimmten Situationen oder Objekten. Die Konfrontationstherapie, auch Konfrontationstherapie genannt, ist eine Form der Verhaltenstherapie, bei der Patienten schrittweise und kontrolliert mit den angstauslösenden Reizen konfrontiert werden, um eine Habituation zu erreichen und die Angstreaktion zu reduzieren. Traditionell erfolgt dies entweder in sensu (gedanklich) oder in vivo (real). Beide Ansätze haben ihre Vor- und Nachteile, wobei in vivo oft effektiver ist, jedoch mit höheren praktischen Hürden verbunden sein kann.
Zielgruppe
Patientinnen und Patienten: Menschen mit spezifischen Phobien (z. B. Arachnophobie oder Höhenangst), die eine strukturierte, sichere und individuell anpassbare Konfrontation benötigen, um ihre Ängste schrittweise zu bewältigen.
Therapeutinnen und Therapeuten: Fachkräfte, die eine dynamische Steuerung der Konfrontationstherapie wünschen, um die Intensität und den Ablauf der Konfrontation in Echtzeit an die individuellen Reaktionen der Patientinnen und Patienten anzupassen.
Interviews
Im Rahmen der User Research führten wir qualitative Interviews mit Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie Befragungen mit betroffenen Patienten durch, um die Anforderungen und Herausforderungen der Konfrontationstherapie besser zu verstehen und gezielt in die Entwicklung von FaceForward zu integrieren.
Die befragten Psychotherapeuten betonten, dass die Durchführung der Konfrontationstherapie für viele Patientinnen und Patienten eine große Hürde darstellt. Besonders schwierig sei es für sie, sich eine angstauslösende Situation nur in ihrer Vorstellung vorzustellen und darauf zu reagieren. In der Praxis sei es deutlich wirksamer, wenn realitätsnahe Reize in einem sicheren Umfeld bereitgestellt werden, da dies eine authentischere und effektivere Konfrontation ermögliche.
Die befragten Patientinnen und Patienten bestätigten, dass die klassische Konfrontationstherapie oft als überwältigend empfunden wird. Viele gaben an, dass sie sich eine sanftere und schrittweise Herangehensweise wünschen, um sich an die angstauslösenden Reize zu gewöhnen. Zudem wurde deutlich, dass virtuelle oder AR-gestützte Szenarien ihnen eine bessere Kontrolle über die Konfrontation ermöglichen und dadurch weniger abschreckend wirken.
Konzeptentwicklung
Die Konzeptentwicklung von FaceForward basiert auf der Idee, die Konfrontationstherapie durch den gezielten Einsatz von Augmented Reality (AR) zu optimieren. Ziel war es, eine kontrollierte und anpassbare Konfrontation zu schaffen, die sowohl für Patientinnen und Patienten als auch für Therapeutinnen und Therapeuten eine flexiblere und sicherere Therapiegestaltung ermöglicht. Klassische Konfrontationstherapien sind oft mit Herausforderungen verbunden: direkte Konfrontationen können überwältigend sein, während in sensu Konfrontationen nicht immer wirksam genug sind. Zudem sind reale Konfrontationen organisatorisch aufwendig und schwer steuerbar.
FaceForward adressiert diese Problematik durch eine immersive AR-gestützte Lösung, die eine schrittweise und individuell anpassbare Konfrontation ermöglicht. Die Patientinnen und Patienten erleben die Konfrontation über das Apple Vision Pro, während Therapeutinnen und Therapeuten über ein iPad in Echtzeit die Intensität und den Ablauf steuern. Die Gestaltung der Szenarien sowie die Einleitung von Entspannungsmaßnahmen bleibt in therapeutischer Hand, wodurch eine gezielte Anpassung möglich ist.
Finaler Design Prototype
Interaktionen
Interaktion des Patienten mit der App (Apple Vision Pro)
Innerhalb der Szene kann der Patient:
sich frei umsehen, um sich mit der virtuellen Umgebung vertraut zu machen.
auf bestimmte Reize reagieren (z. B. eine Spinne ansehen oder sich davon abwenden).
über eine einfache Interaktion (z. B. durch Handgesten oder Sprachbefehle) sein Unwohlsein signalisieren.
wenn nötig, mit dem Therapeuten kommunizieren, um die Therapie zu pausieren.
Interaktion des Psychotherapeuten mit der App (iPad-Steuerung)
Über eine intuitive Benutzeroberfläche kann der Therapeut:
verschiedene Schwierigkeitsstufen auswählen
Pausen einlegen oder eine entspannende Zwischensequenz einfügen , falls der Patient überfordert ist.
Sprachunterstützung oder Anweisungen direkt in das AR-Erlebnis des Patienten einspielen.
Steuerungselemente & Bedienung
Für den Patienten (Apple Vision Pro)
Handgesten zur Interaktion
Automatische Sensorik (z. B. Blickverfolgung zur Erkennung von Angstreaktionen).
Für den Therapeuten (iPad-Interface)
Szenenauswahl: Wählen und Anpassen von Sequenzen.
Live-Steuerung: Dynamische Anpassung der AR-Elemente je nach Patientenreaktion.
Notfallsteuerung: Möglichkeit, Szenario sofort zu pausieren oder eine Entspannungseinleitung hinzufügen.
FaceForward für Patienten und Patientinnen
FaceForward für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten
Der Hauptablauf beginnt auf dem Dashboard, wo der Psychotherapeut zunächst den entsprechenden Patienten aus der Übersicht auswählt. Nach der Auswahl gelangt er zur aktuellen Patientenakte, in der er den bisherigen Therapieverlauf und relevante Informationen einsehen kann. Anschließend startet er den Prozess zur Szenenerstellung, indem er in der Bibliothek die passenden Sequenzen auswählt, die dem individuellen Angstniveau des Patienten entsprechen. Nachdem die geeigneten Sequenzen zusammengestellt wurden, bildet der Therapeut daraus eine vollständige Szene, die später in der Konfrontationstherapie zum Einsatz kommt.
Hauptablauf
Der Szenenablauf beginnt mit einem Überblick über die aktuelle Szene, in der die verfügbaren Sequenzen verwaltet werden. Der Therapeut kann die Sequenzen je nach Situation anpassen und in die Szene integrieren, um eine individuelle Konfrontationstherapie zu ermöglichen. Während der Patient die Szene in Echtzeit erlebt, kann der Therapeut Anpassungen vornehmen, wie beispielsweise die Bewegung oder das Verhalten der Spinne zu modifizieren. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, Konfigurationsänderungen vorzunehmen, um die Intensität der Konfrontation zu steuern oder gezielt Entspannungsmaßnahmen einzusetzen, wenn der Patient eine Pause benötigt.
Szene View und Einstellung der Eigenschaft von SpinneEinleitung der Entspannung hinzufügen
Potenzielle Erweiterungen
In Zukunft könnte FaceForward um eine größere Vielfalt an Szenarien erweitert werden, um neben der bestehenden Spinnen-Phobie auch weitere Angststörungen wie Höhenangst und Sozialphobie gezielt zu behandeln. Besonders für die Sozialphobie wäre ein sanfter Übergang in die Konfrontationstherapie wichtig, um Patienten schrittweise an soziale Interaktionen heranzuführen.