Es geht um viel im Kontext der Mobilität und des Individualverkehrs: um Handlungsfähigkeit, Veränderung und Neuerfindung. In Kooperation mit der BMW-Group – Tangible User Interface – nehmen sich vier heterogen besetzte Teams Großes vor:
Zukunft der Mobilität | Innovating Interaction and Experiences
Politik und Gesellschaft sind in der Pflicht: Klimaziele, Vision Zero, Exit-Strategie, Erneuerbare Energien, Verkehrswende, E-Mobilität, Digitalisierungsstau, Data Mining und Datenschutz, soziale Verträglichkeit, Freiheitsrechte … Im Kontext der Mobilität und des Individualverkehrs besteht nicht nur akuter Handlungsbedarf, sondern auch die Chance auf Veränderung und Neuerfindung.
Über viele Jahrzehnte haben wir uns ebenso wie die Automobilbranche an ein stabiles Wachstum gewöhnt – zwar mit stetiger Innovation, aber ohne wirkliche disruptive Veränderungen. Heute treffen zeitgleich und mit Wucht mehrere disruptive Technologien und neue, vorher nicht vorstellbare Konkurrenten auf diese Branche, verbunden mit ökologischem und politischem Handlungsdruck. Game-Changing-Technologien wie KI, Deep Learning, Elektrifizierung, Autonomes Fahren, Digital Cockpit, das Automobil als Knotenpunkt in einem Netzwerk von Fahrzeugen und Smartphones. In den nächsten 10 Jahren werden mehr Veränderungen stattfinden und sich mehr Möglichkeiten auftun als in den vielen Jahrzehnten zuvor.
Dies eröffnet einen gestalterischen Freiraum, wie er bis dato in dieser Branche nicht denkbar war! Ein herausforderndes Terrain, Verantwortung und Chance, gerade für strategische Gestalter.
Prof. Dr. Ulrich Barnhöfer, Prof. Gabriele N. Reichert, Thomas Schoenweitz
BODY – Driven by Emotions
Mit BODY verfolgen wir das Ziel, die Zeit im Fahrzeug in eine qualitative Lebenszeit zu verwandeln. Mithilfe von pneumatischen Strukturen sind drei Produkte entstanden, die sich am Level der Fahrzeugautomatisierung orientieren. BODY.SCAPE beschreibt eine visionäre Form der Innenraumgestaltung in autonomen Fahrzeugen der Zukunft. Basierend auf den Emotionen der Nutzer:innen passt sich der Fahrzeuginnenraum individuell und situativ auf deren Bedürfnisse an und ermöglicht so eine maximale Freiheit im Fahrzeug.
Etwa 2,8 Jahre unseres Lebens verbringen wir in Deutschland als Fahrer:in im Auto und obwohl die Zahl der Pkw-Neuzulassungen sinkt, ist die Infrastruktur vor allem in den Städten häufig stark ausgelastet. Täglich pendeln ca. 3,4 Millionen Menschen zur Arbeit und jede vierte berufstätige Person benötigt für den Arbeitsweg rund 30 Minuten oder länger. Die lange Zeit im Auto wird häufig unterschätzt, wobei diese neben der psychischen Belastung auch zu einer ganzen Reihe körperlicher Beschwerden führen kann.
Wir haben uns gefragt, wie die Zeit im Fahrzeug in Zukunft aussehen kann, wenn die Fahraufgabe nicht mehr bei uns Menschen liegt und welche Möglichkeiten dieser Wandel in der Automobilbranche mit sich bringt?
Wir glauben, dass Mobilität in Zukunft eine qualitative Lebenszeit sein muss.
Unsere Mission ist es, Nutzer:innen autonomer Fahrzeuge die Freude im Auto auch mit zunehmender Automatisierung zu gewährleisten. Dabei soll sich der Innenraum flexibel an die entsprechende Körperhaltung anpassen. Mobilität soll mehr sein, als von einem zum anderen Ort zu gelangen und den Grundgedanken des »third space« verfolgen. Unser Ansatz ist ein individueller Wohlfühlraum, der Ergonomie und Atmosphäre in Einklang bringt und auf körperlicher und mentaler Ebene maximale Freiheit ermöglicht. Über die Karosserie hinaus können die Erkenntnisse auf die Brand Ebene erweitert werden und sich als Konstante durch den Alltag hindurchziehen.
Phasen
Um unsere Mission bestenfalls erfüllen und möglichst bald in den Markt einsteigen zu können, gliedern wir unser Vorhaben in drei Phasen. Der jeweilige Beginn der Phasen geht mit dem Zeitpunkt einher, zu dem voraussichtlich die entsprechenden Automatisierungsstufen von Fahrzeugen im Straßenverkehr zugelassen werden. Wir entwickeln uns vom Anbieter einer ergonomischen Sitzauflage für Autositze, hin zum Ausstatter des Fahrzeuginnenraums im autonomen Fahrzeug.
Phase 01
Phase 02
Phase 03
Um lange Autofahrten möglichst komfortabel und erholsam zu gestalten, liegt der Hauptfokus bei BODY.SCAPE ebenfalls auf der Ergonomie. Die Formanpassung der intelligenten Fläche resultiert aus der Situation und dem Bedürfnis der Nutzer:innen. Insgesamt wird zwischen vier verschiedenen Grundformen entschieden.
Um das Erlebnis im Fahrzeug intensiver zu gestalten, werden die ergonomischen Grundformen um verschiedene räumliche Atmosphären ergänzt. Vor dem Betreten des Fahrzeuginnenraumes befindet sich die BODY.SCAPE immer in einem neutralen Zustand. Beim Betreten des Fahrzeugs erkennt die KI im Fahrzeuginnenraum mithilfe verschiedener Sensoren den emotionalen und körperlichen Zustand des Nutzers und ist daraufhin in der Lage, sich selbstständig und situativ an deren Bedürfnisse anzupassen.
Wir sprechen hierbei von »Empfehlungen«.
Bedienung
Die Bedienung funktioniert bei BODY.SCAPE multimodal.
Sind die Augen geschlossen, können gewünschte Veränderungen durch einen Sprachassistenten gesteuert werden und Informationen werden über akustische Signale und Vibrationen mitgeteilt. Bei geöffneten Augen funktioniert die gesamte BODY.SCAPE als Interface, welche sich durch verschiedene Gesten steuern lässt. Die Nutzer:innen erhalten dabei direktes visuelles und haptisches Feedback. Die Steuerung kann je nach Gewohnheit angepasst und vom Fahrzeug erlernt werden. So lassen sich individuelle Gesten festlegen und speichern. Die personalisierten Gesten lassen sich in allen autonomen Fahrzeugen, die mit BODY.SCAPE ausgestattet sind anwenden. Die absolute Hoheit liegt immer beim Menschen und es besteht stets die Möglichkeit, die Fläche in den »Null-Zustand« zurückzusetzen.
Textur
Da sich der Innenraum erst mit dem Betreten einer Person auf die Emotionen anpasst, ist zu Beginn eine neutrale Basis wichtig. Aus diesem Grund haben wir eine Textur gewählt, die auf einer einfachen Rautenform beruht. Die einzelnen Segmente des Textils können mithilfe von intelligenten Materialien situativ geöffnet und geschlossen werden. So lassen sich beispielsweise individuelle Lichtstimmungen erzeugen. Unterhalb des Textils befinden sich Bakterienstränge, welche die Luft im Fahrzeuginnenraum selbstständig reinigen können.
Fazit
Die Mobilität der Zukunft hat großes Potenzial. Die Mobilität als solche, wie wir sie heute kennen, wird sich in den nächsten Jahren stark verändern und uns eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten aufzeigen. Mit BODY.SCAPE haben wir eine Richtung eingeschlagen, die das Verständnis von »Zeit« neu definiert und den Grundgedanken der Individualität auf eine neue Stufe hebt. Nach einer sehr intensiven Recherche und einigen Gesprächen mit Experten und Expertinnen glauben wir, dass unser Konzept ein Ausblick ist, wie der Fahrzeuginnenraum in Zukunft aussehen kann. Während des Projektverlaufs und der Zusammenarbeit mit der BMW-Group wurde uns deutlich, dass es eine große Bereitschaft für Veränderungen gibt und es lohnenswert ist, über das Bestehende hinaus zu denken und zu gestalten.
Als Team konnten wir an der Herausforderung wachsen und letztendlich unseren persönlichen Überzeugungen eine Gestalt geben. Vielen Dank an alle, die bei dem Projekt mitgewirkt und uns inspiriert haben.
Die hohe Ästhetik der Gestaltung vermittelt sich über das Video sehr gut. Die haptische Interaktion über die Membran würde man gerne mal ausprobieren. Schöne Arbeit.
Kommentare
Anonym
Dorothee
Matthias H.
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