Wie macht man ein Design-Projekt in einem interdisziplinärem Team? Wie erlangt man schnell zu Erkenntnissen und Entwürfen im Lösungsraum? Ein Projekt zwischen Design-Sprint, Minimum Viable Product und User Research.
Lean Frameworks und Designmethoden.
Lernziel »Wir irren uns empor« (Harald Lesch). Analytische Herangehensweise und Erkenntnisgewinn aus (gescheiterten) Projekten. Mit einigen Leitplanken ist das Fehler-Machen erwünscht und dient dem Lernprozess! Nicht das Ergebnis steht im Vordergrund, sondern der Prozess.
Prof. Hans Krämer, Prof. Jens Döring, Lena Fricke, Prof. Günther Biste, Seraphina Schidlo
Stimmen im Kopf – Ein Ausstellungskonzept
„Stimmen im Kopf” ist ein Konzept einer interaktiven Ausstellung welche sich mit dem stark stigmatisierten Thema Schizophrenie auseinander setzt.
Bevor wir beginnen: Was ist Schizophrenie? „Schizophrenie ist eine psychische Störung, bei der die Gedanken und Wahrnehmungen der Betroffenen verändert sind. Auch die Gefühle, die Sprache, das Erleben der eigenen Person und die Wahrnehmung der Umgebung weichen stark vom Erleben gesunder Menschen ab.“
Menschen mit psychischen Erkrankungen erfahren immer noch gesellschaftliche Stigmatisierung. Vor allem Menschen mit Schizophrenie sind damit konfrontiert, dass Andere sich von ihnen distanzieren. Die Vorurteile der Mitmenschen übertragen sich auf die Betroffenen, die es folglich umso schwerer haben, offen mit ihrer Erkrankung umzugehen und rechtzeitig Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Eine Umfrage unter 7000 Menschen in Deutschland zeigt folgendes:
Die Ausstellung
Unsere Ausstellung soll die Angst vor der Krankheit nehmen und falsche Vorstellungen, welche sich in den Köpfen eingebrannt haben, aufweichen. Sie findet in einem langen Gang statt, welcher durch fünf Wände unterteilt wird. Dadurch entstehen voneinander abgegrenzte Räume. Jeder davon beschäftigt sich mit einem Themenbereich der Schizophrenie. Raum Nummer zwei und vier haben wir komplett ausgestaltet und mit allerhand verschiedenen Exponaten ausgestattet, die Restlichen teilweise. Weiter unten kannst du dir diese im Detail anschauen. (Raum 5 existiert aus Zeitgründen leider nicht.)
Von Außen lassen sich die vier Räume gut betrachten, welche alle in verschiendenen Detailgraden ausgearbeitet wurden. Uns war wichtig dass man die ganze Ausstellung inklusive Inhalt in ihrer Ganzheit betrachten kann, weswegen wir für dieses Bild die Decke und die rechte Außenwand entfernten.
Raum 2 – Sind Schizophrene Gefährlich und Aggressiv?
Der zweite Raum, gefärbt in einem Violett Ton, beschäftigt sich mit den verschiedenen Symptomen und deren Auswirkung. Ebenfalls beantwortet er die Frage, woher das schlechte Image der Schizophrenie kommt und sensibilisiert dieses zu hinterfragen.
Kurzgeschichten
Anhand von Kurzgeschichten, welche die Besucher mitreißen sollen, können die Symptome so gut wie möglich erfahrbar gemacht werden. Jedes Symptom inkl. Kurzgeschichte ist auf einer runden Scheibe gespeichert.
Wird eine der Karten auf die Kopfhörer-Säule gelegt, leuchtet der lila Ring auf und die entsprechende Kurzgeschichte wird vorgelesen. Der Fokus ist hierbei auf der Art wie die Geschichte geschrieben ist, welche Emotionen der Vorleser vermittelt und welche Stimmung dabei aufkommt.
Stimmen in deinem Kopf
Hier erfährt ein Besucher, wie sich akustische Halluzinationen anfühlen können.
Die Herausforderung: Trotz der ablenkenden Stimmen, welche von allen Richtungen auf den Nutzer einreden, muss dieser konzentriert bleiben um diverse Aufgaben wie z.B. einen Gedächtnistest lösen.
Teste dein Wissen
Am Anfang kommt man direkt an der Quizstation vorbei. Der Ablauf ist simpel: Über vier Tafeln steht jeweils eine Frage. Auf der Tafel selbst stehen wiederum vier verschiedene Antwortmöglichkeiten.
Glaubt man die richtige Antwort zu wissen, klappt man die Tafel nach oben und bekommt die Lösung an der Wand zu Gesicht. Die Fragen beschäftigen sich mit der Häufigkeit der Krankheit, Symptome und Auswirkungen der Stigmatisierung.
Die Rolle der Medien
Neben mehreren Filmausschnitten können sich die Besucher klar machen, wie einseitig und extrem Schizophrenie meistens in Filmen porträtiert wird, da zum Beispiel 83% der Charaktere mit Schizophrenie als gewalttätig dargestellt werden.
Hier können sich Besucher durch eine Zeitung blättern welche voll von echten Berichterstattungen über Schizophrene ist. Die Gemeinsamkeit: Alles Berichte über schwere Straftaten, welche von ihnen verübt wurden. Die psychische Krankheit wird so in ein sehr schlechtes Licht gerückt, obwohl Menschen mit Schizophrenie ohne anderweitige Erkrankungen nicht häufiger straffällig werden als gesunde Menschen.
Raum 4 – Ist Schizophrenie unheilbar?
Der vorletzte Raum unserer Ausstellung beschäftigt sich mit der Therapie und Heilung der Schizophrenie. Einerseits werden die modernen und wissenschaftlich belegt wirksamen Methoden wie Psychotherapie und Medikamente beleuchtet, aber auch die Schattenseiten des letzten Jahrhunderts Psychiatrie.
Hinter verschlossenen Türen
Diese interaktive Station versetzt den Besucher in längst vergangene Zeiten. Er kann durch Schlüssellöcher Momente aus früheren sogenannten Anstalten betrachten, welche zu der damaligen Zeit alle hinter verschlossenen Türen stattfanden.
Wird der gelbe Rahmen des Schlüssellochs berührt, geht in dem Raum dahinter das Licht an und Geräusche ertönen. Nun kann die Szene beobachtet werden.
Bei dem zweiten Schlüsselloch sieht man eine Szene aus dem dritten Reich.
Zwei Kranke Menschen werden von der SS zu Hause abgeholt, in großen Bussen gesammelt, deportiert und letztendlich ermordert.
Ein schrecklicher Heilungsversuch
Gegenüber der Schlüssellöcher befinden sich zwei Vitrinen mit einem Bildschirm dazwischen. Hier geht es komplett um die mittlerweile nicht mehr angewandte Hirnoperation „Lobotomie“. In einem Film werden die Hintergründe dazu erklärt. In den Vitrinen sieht man einerseits das grobe OP-Besteck sowie ein transparentes Gehirn welches einen eingeführten Eispickel beinhaltet.
Was wirklich hilft
Im Mittelpunkt des Raumes stehen zwei große bequeme Sessel. Diese stehen symbolisch für die Psycho- und Soziotherapie welche zusammen mit den Medikamenten eine zentrale Rolle in der Behandlung von Schizophrenie spielen. Über Kopfhörer kann man einem psychotherapeutischen Gespräch zuhören.
In weiterer Ausarbeitung soll die Möglichkeit bestehen, dass man den Gesprächsverlauf selber lenken kann und entscheidet, wohin das Gespräch führt.
Die Station mit der übergroßen Tablettenbox beschäftigt sich mit dem Thema Psychopharmaka, auch Neuroleptika genannt. Leider sind bei starken Verläufen der Schizophrenie Medikamente immer noch unabdingbar, weswegen die Box auch so einen großen Platz einnimmt und gleich in den Blick fällt.
Öffnet man die Klappen, so läuft ein Film ab. Jede der sieben Klappen verbirgt ein Unterthema der Medikamente.
Wir hoffen dir hat unser Projekt gefallen!
Im Anschluss bekommst du du noch einen kleinen Einblick in unseren Prozess:
Eine wirklich sehr gelungene und anschauliche Inszenierung durch die Renderings. Die lebhafte Gestaltung und die verschiedenen interessanten Aufbereitungen des Themas (Analog, Digital, Audio, …) zu explorieren machte sehr viel Spaß :)
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