Zeitenwende – Energiewende?
Es geht um viel: um unsere Zukunft, um Partizipation und Handlungsfähigkeit. Fünf interdisziplinäre Teams nahmen sich den drängendsten Fragen an und entwickelten Lösungsansätze.
Zeitenwende – Energiewende?
Die Krisen prasseln nur so auf uns ein und formieren sich zu einer großen, komplexen und globalen Megakrise. Viele fühlen sich überrollt – auch von der Politik – und haben das Gefühl, hilflos zu sein angesichts dieser Dimensionen.
Die Energiewende ist schon lange propagiert und in vielen Fällen bisher eher als Feigenblatt für eine Industrie und Politik benutzt, deren Stakeholder jahrelang die Abhängigkeit von fossilen (billigen russischen) Brennstoffen in Kauf genommen oder sogar gefördert haben. Die politische Kommunikation zumindest scheint hilflos, und wir als Gesellschaft riskieren durch Inflation und immense Verteuerung von Energie auf soziale und wirtschaftliche Probleme zuzusteuern.
Übertragen auf das Thema des strategischen Gestaltungsprojekts stellte sich uns die Frage, wie wir als Gestalter dazu beitragen können, die Bürger, deren Bedürfnisse und Ressourcen partizipativ in die Energiewende einzubinden.
Unsere Handlungsfelder – als normative, strategische und operative Möglichkeitsräume betrachtet – setzten hier an:
Was kann jeder Einzelne tun?
Wie kann man Bürger motivieren, zum Beispiel Energie zu sparen oder zu erzeugen?
Welche Organisationsformen müssen dazu geschaffen werden?
Wie funktioniert eine transparente, verständliche Kommunikation?
Wie gestalten wir Produkte und Services, die das unterstützen?
Welche Geschäftsmodelle lassen sich daraus generieren?
Fünf interdisziplinäre Teams stellten sich dieser Herausforderung, zeigen nachhaltige Organisations-, Service- und Handlungsoptionen. Strategische Designlösungen, die als rechenbare Geschäftsmodelle in Realszenarien übertragen wurden.
Prof. Gabriele N. Reichert, Thomas Schoenweitz, Prof. Dr. Susanne Schade
E-Ware & Share
„Jeden Tag, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, wird erstmal der Verbrauch gecheckt, wir haben inzwischen einen richtigen Wettbewerb, wie viel Strom wir einsparen können.“
Frank Uhlmann, Familienvater
Kontext
Deutschland befindet sich mitten in der Energiewende. Der Wechsel von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien bringt ständig neue Herausforderungen mit sich. Denn die Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien wie Wasser, Sonne und Wind stellen das Stromnetz ständig vor neue Anforderungen. Bei solch einer unbeständigen Energieerzeugung und schwankendem Verbrauch entstehen Lastspitzen, die der Netz-Infrastruktur gefährlich werden können. Deshalb müssen die Menschen in Privathaushalten möglichst bald umdenken: nicht mehr nur Konsument sein, sondern mit Verbrauchsbewusstsein Energie sparen und somit zur Sicherung des Stromnetzes und dem Schutz der Umwelt beitragen. Was auch oft vergessen wird, ist, dass die Energiewende für viele Bürger bald nicht mehr bezahlbar sein wird.
Schon heute drohen im Schnitt jedem fünften Haushalt die Überschuldung durch zu hohe Energiekosten. Doch Strompreise sind ein komplexes Thema, vor dem viele zurückschrecken. Wie können wir diesen Dschungel an Rechnungen und Zahlen für die Allgemeinheit verständlich gestalten und welche Potenziale zum Energiesparen und damit zum Geldsparen schlummern in privaten Haushalten?
Mit diesen Fragen haben wir uns im Rahmen des strategischen Gestaltungsprojekts im Wintersemester 2022/23 auseinandergesetzt. Die Dokumentation beschreibt den Themenfindungsprozess, begleitet durch die Recherche bis hin zum Ergebnis, dem fiktiven Startup „E-Ware & Share“, das Stromschulden und Unsicherheit bei der Energiewende den Kampf ansagt.
Was ist E-Ware & Share?
Mit unseren Hauptfunktionen wie “Monitoring von Stromverbrauch & Kosten” und “Marktplatz für Gerätesharing” bieten wir Haushalten Transparenz & Kontrolle beim Stromverbrauch. Außerdem verbinden wir teilnehmende Haushalte, um Geräte gemeinsam effizient zu nutzen.
Phase 1
Verbrauchs- und Kostentracking
In der ersten Phase kommt es darauf an, den Rahmen für den weiteren Verlauf des Projektes zu schaffen, um darauf aufbauen zu können. Zunächst sollte die Nachfrage über eine Informations-Website getestet werden, zusätzlich eventuell eine Vortragsreihe mit Speakern. Um darauf aufmerksam zu machen, wird eine großzügige Social Media und Fehrnsehwerbekampagne geplant.
Das soll die Markenbekanntheit steigern und möglichst viele Kunden akquirieren. Kunden müssen überzeugt werden, dass sie unser Produkt brauchen. In der Testphase wird eine einfache Version der App entwickelt, die bislang nur den Tracking-Teil beinhaltet. Es wird zur App ein Set verkauft, dass aus einem Lesekopf für den Stromzähler und einem Messstecker für ein Haushaltsgerät besteht. Diese liefern die Verbrauchsdaten an die App.
Das Ziel ist es, den Nutzern von Anfang an größtmögliche Transparenz und Kontrolle über den Stromverbrauch im Haushalt zu geben.
Phase 2
Token-System und Marktplatz
Da es jetzt bereits einen großen Nutzerstamm für die App gibt und viele von ihnen ein gutes Bewusstsein für Energieeffizienz haben, bieten wir weitere Möglichkeiten, ungenutztes Energiesparpotenzial im Haushalt besser zu nutzen. Das Lesekopf-Set wird umfangreich erweitert. Statt einem Messstecker werden nun insgesamt fünf Messstecker im Set mitgeliefert. Jetzt können Nutzer den Verbrauch von insgesamt fünf Haushaltsgeräten gleichzeitig tracken. Darunter fallen Großverbraucher wie Waschmaschine, Spülmaschine, Herd, Kühlschrank und Gefrierschrank. Dies erlaubt Nutzern einen viel umfassenderen Kontrollblick.
Des Weitern kommt eine neue Funktion für die App dazu. - ein Marktplatz für Haushaltsgeräte-Sharing in der Nachbarschaft unter Nutzern. Auf diese Weise können Nutzer ihre Elektrogeräte im Haushalt auf einfachste Weise mit anderen Nutzern teilen. Wer z.B. nur eine halb volle Waschmaschine hat, kann noch Wäsche von einem anderen Nutzer aufnehmen. Dann haben beide etwas gespart. Als Vergütung erhalten sie Tokens für lokale Produkte und Dienstleistungen, was ein idealer Weg zur Förderung des lokalen wirtschaftlichen Wohlstands ist.
Phase 3
Community aufbauen
Für die Phase 3 ist geplant, die Community physisch stärker auszubauen. Dafür sollen Räume in den Nachbarschaften angemietet werden, um dort gemeinsam nutzbare Haushaltsgeräte, wie z.B. Waschmaschinen und Spülmaschinen bereitzustellen. Mit diesem Plan soll der Energieverbrauch der Nutzer zentralisiert werden, um noch mehr Energiesparpotential zu fördern. Es ist geplant, klein anzufangen und je nach Erfolg des Konzeptes die Räume weiter auszubauen. Deshalb soll das Budget für den Anfang der Phase 10.000€ pro Monat betragen, um entstehende Miet-, Personal und Anschaffungskosten zu decken. Wegen des hohen Budgets soll die Phase erst begonnen werden, wenn sie sich rechnet. Ziel ist es, die Nutzer noch mehr zu einer dynamischen und vernetzten Gemeinschaft zusammenzubringen.
Zusammenfassung
Das Ziel der Projektarbeit ist es, Bürgern eine Möglichkeit zu geben, ihren aktuellen Stromverbrauch und die damit verbundenen Kosten im Blick zu behalten. Dadurch sollen hohe Nachzahlungen und Stromschulden vermieden werden.
Zudem soll in Zukunft die allgemein herrschende Unsicherheit in puncto Energie und Verbrauch nach Möglichkeit komplett beseitigt werden.
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