Wir machen ein Design Projekt. Mit allem, was dazu gehört: Nutzern, Workshops, Spezialisten, Testings, … Scheitern und Fehler machen zum schnellen Lernen willkommen. Studierende entwickeln Kommunikations-Produkte. Konsequent methodisch.
Der gewollte Schwangerschaftsabbruch ist ein gesellschaftlich stark tabuisiertes Thema, über das öffentlich nur selten sachlich und offen gesprochen wird. Besonders Jugendliche begegnen dem Thema oft mit Unsicherheit, Halbwissen oder Vorurteilen – was durch mangelnde schulische Aufklärung zusätzlich verstärkt wird. Studien zeigen, dass dies schwerwiegende Folgen für betroffene Personen haben kann: Laut den Ergebnissen der ELSA-Studie ist Stigmatisierung der größte negative Einflussfaktor auf das psychische Wohlbefinden von Frauen nach einem Schwangerschaftsabbruch. Gleichzeitig beginnt sexuelle Selbstbestimmung und Verantwortung meist ab dem Jugendalter. Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben im Alter von 17 Jahren bereits mehr als die Hälfte der Jugendlichen Geschlechtsverkehr-Erfahrung – ein Alter, in dem Fragen rund um Verhütung, Verantwortung und mögliche Konsequenzen besonders präsent sind. Jugendliche in dieser Lebensphase benötigen daher zugängliche, sachliche und reflektierte Informationsangebote.
Problemstellung & Herausforderungen
Aus Interviews mit betroffenen Frauen, mit Schüler:innen im Alter von 15-19 Jahren sowie mit Schulsozialarbeiterinnen von ProFamilia und Lehrkräften, haben sich folgende Problemfelder herauskristallisiert:
Stigmatisierung: Frauen, die sich für einen Abbruch entscheiden, erleben häufig Scham, Schuldgefühle oder gesellschaftliche Verurteilung.
Unwissen & Mythen: Viele Jugendliche glauben beispielsweise, dass ein Abbruch automatisch unfruchtbar mache, was allerdings nur ein weit verbreiteter Irrtum unter vielen weiteren ist.
Tabuisierung: Der Schwangerschaftsabbruch wird im schulischen Kontext kaum behandelt. Wenn überhaupt, dann meist einseitig moralisch oder juristisch.
Fehlende Handlungskompetenz: Selbst bei vorhandener theoretischer Information fehlt vielen Jugendlichen das Wissen, wie man im Ernstfall sicher und reflektiert handeln kann.
Lösungsansatz & Zielsetzung
Da strukturelle und rechtliche Barrieren nicht direkt und vor allem nicht gestalterisch veränderbar sind, liegt der Fokus unseres Projekts auf präventiver Aufklärung und Enttabuisierung im Jugendalter. Unser Ziel ist es, Jugendliche ab ca. 16 Jahren über den Prozess des gewollten Schwangerschaftsabbruch so aufzuklären, dass sie:
fundiertes Wissen erhalten;
sich empathisch und reflektiert mit der Thematik
auseinandersetzen können;
einen offenen Umgang mit dem Thema entwickeln;
gesellschaftliche Stigmatisierung erkennen und kritisch
hinterfragen lernen.
Spielkonzept
Ein Spiel über gewollte Schwangerschaftsabbrüche? Geht´s noch? Ja – weil es Zeit ist, endlich darüber zu sprechen.
Das Brettspiel bietet Jugendlichen einen niederschwelligen und zugleich emotionalen Zugang zu einer so sensiblen Thematik. In einem geschützten Rahmen können sie offen diskutieren, verschiedene Perspektiven einnehmen und gesellschaftliche Debatten reflektieren.
Die 2-4 Spieler:innen schlüpfen jeweils in die Rolle einer fiktiven Frau, dessen Verhütungmethode gescheitert ist, dargestellt auf individuell gestalteten Charakterkarten. Durch diese Perspektivübernahme wird Empathie gefördert und ein tieferes Verständnis für die Lebensrealitäten Betroffener ermöglicht.
Im Fokus des Spiels stehen ausschließlich gewollte Schwangerschaftsabbrüche nach der gesetzlichen Beratungsregelung – medizinische oder kriminologische Indikationen werden bewusst ausgeklammert, um den Rahmen nicht zu überfrachten und sich auf gesellschaftlich relevante Aspekte zu konzentrieren. Ziel ist es, innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von 12 Wochen alle realitätsnahen Stationen und Hürden eines Abbruchs zu durchlaufen.
Das Spielfeld führt die Spieler:innen durch zentrale Etappen des Prozesses:
– Frauenarzt: Ein simulierter Anruf zur Terminvereinbarung, oft mit Nervosität verbunden;
– Beratungsgespräch: Einblick in Ablauf und Inhalt;
– Krankenkasse: Klärung der Kostenübernahme;
– Gesellschaft: Diskurs wird gefördert durch Austausch und Reflexion;
– Abbruchsklinik: Entscheidung zwischen medikamentösem oder operativem Abbruch – abhängig von Schwangerschaftswoche und verfügbarem Budget.
Zusätzliche Fragen- und Ereignisfelder vermitteln Wissen und fördern den Lernprozess, während Kritikerfelder mögliche Anfeindungen aus dem Umfeld thematisieren, denen man sich stellen muss.
Ein individueller Kalender pro Spieler:in erhöht den Zeitdruck spielerisch, indem man die Schwangerschaftswoche beim Überqueren bestimmter Felder nach vorne verschieben muss – so wird die gesetzliche Frist greifbar gemacht.
Die Spielfiguren stellen gescheiterte Verhütungsmittel dar (z. B. ein gerissenes Kondom), die auf die Grenzen der Empfängnisverhütung hinweisen und zusätzlich zur Aufklärung beitragen.
Um das Erlebnis noch emotionaler und zeitgemäßer zu gestalten, wird das analoge Spiel durch drei digitale Add-ons ergänzt. Diese lassen sich per QR-Codes an bestimmten Stationen abrufen, sprechen zusätzliche Sinne an und vertiefen so das Spielerlebnis für die junge Zielgruppe.
Disclaimer: Das Spiel simuliert typische Abläufe, ersetzt jedoch keine medizinische oder juristische Beratung. Einige Vereinfachungen wurden vorgenommen, um Spielbarkeit und Informationsvermittlung zu vereinen.