Next Generation Healthcare – Die Medizin und das Gesundheitswesen stehen vor einer Kumulation von Herausforderungen. Fünf interdisziplinäre Teams zeigen Lösungen in strategisch relevanten Handlungsfeldern.
Next Generation Healthcare: Designstrategien für die Medizin von morgen
Die Medizin der Zukunft steht vor der Aufgabe, innovative Lösungen zu entwickeln, die Technologie, Ethik und Wirtschaftlichkeit in Einklang bringen. Digitalisierung, neue Therapieansätze und interdisziplinäre Kooperationen werden entscheidend sein, um eine nachhaltige und gerechte Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Wir sind also herausgefordert in jeder Hinsicht. Und sollten (und können!) uns qualifiziert damit auseinandersetzen und unsere Zukunft mitgestalten.
Der jeweilige Projektfokus resultiert aus der Analyse der Themenbereiche:
– Demografischer Wandel und Fachkräftemangel
– Chronische Krankheiten und Multimorbidität
– Digitalisierung und Künstliche Intelligenz
– Personalisierte Medizin und Genetik
– Resistenz gegen Antibiotika und neue Infektionskrankheiten
– Gesundheitsökonomie und Finanzierung
– Psychische Gesundheit und gesellschaftlicher Wandel
– Umweltfaktoren und Klimawandel
Es sind nachhaltige, überzeugende Konzepte entstanden, die die strategischen Designlösungen in Realszenarien übertragen und die Kompetenzen der professionell heterogen zusammengesetzten Teams kongenial nutzen.
Prof. Gabriele N. Reichert, Prof. Dr. Susanne Schade
OR3 – Optimierung von Notaufnahmen
Notaufnahmen sind Orte, an denen jede Sekunde zählt. Sie betreffen jeden, auch uns.
Wie können wir Notaufnahmen optimieren, sodass das Personal entlastet und gleichzeitig die bestmögliche Versorgung gewährleistet wird?
Ziel der Arbeit war es, durch gestalterische Gestaltung ein Konzept zu entwickeln, das die Prozesse, Strukturen und die Patient:innenorientierung in deutschen Notaufnahmen nachhaltig verbessert. Im Fokus stand dabei die Frage, wie durch Designstrategien konkrete Herausforderungen im Klinikalltag – insbesondere in überlasteten Notaufnahmen – adressiert werden können.
Das Konzept sollte praxisnah, modular und skalierbar sein, um sowohl technische als auch menschliche Anforderungen zu berücksichtigen. Durch die enge Zusammenarbeit mit der Rems-Murr-Klinik Schorndorf wurde zudem angestrebt, reale Bedürfnisse vor Ort aufzunehmen und in eine umsetzbare Lösung zu überführen. Ziel war es nicht nur, Schwachstellen zu analysieren, sondern gestalterisch wirksame und realistische Lösungsansätze zu erarbeiten, die auch in anderen Notaufnahmen anwendbar sind.
Wartezeit Anzeige auf dem Armband
Das digitale Armband des OR3-Systems begleitet Patient:innen während ihres gesamten Aufenthalts in der Notaufnahme und unterstützt sie durch visuelle Hinweise und Vibrationen bei der Orientierung. Es wird direkt nach dem Erstgespräch am Empfang ausgehändigt und enthält über die Gesundheitskarte übertragene Daten der Patient:innen. Eine Sprachauswahl zu Beginn ermöglicht barrierefreie Kommunikation. Das Interface zeigt die geschätzte Wartezeit, den aktuellen Behandlungsschritt und ermöglicht die Navigation zu ausgewählten Orten innerhalb der Notaufnahme
Digitale Navigation per Armband
Die Navigation erfolgt über vertraute visuelle Prinzipien, ergänzt durch Vibrationen. Während medizinischer Maßnahmen bleibt das Armband inaktiv, informiert aber weiterhin über den aktuellen Stand. Des Weiteren schafft das Armband eine neue Ebene in Form von Patient:innen Tracking, so dass sich niemand in der Notaufnahme verirren kann. Beim Verlassen der Notaufnahme – auch kurzfristig – erkennt das Armband dies und bietet eine Rücknavigationsoption. Nach Abschluss der Behandlung erinnert es an die Rückgabe und kann anschließend vom Personal gereinigt und zurückgesetzt werden. Das System fördert Orientierung, Transparenz und Sicherheit im Klinikalltag.
Dashboard für das Personal
Das neue Dashboard im Corporate Design von OR3 ersetzt die bestehende, teils veraltete Software in der Notaufnahme und vereint alle relevanten Funktionen in einer modernen, übersichtlichen Benutzeroberfläche. Es wurde speziell für den Einsatz am Desktop konzipiert und unterstützt das medizinische Personal bei der Koordination, Dokumentation und Navigation. Neben einer anpassbaren Raum- und Patient:innenübersicht bietet es Zugriff auf Echtzeitdaten des Armbands, eine integrierte Karte, eine digitale Dolmetscherliste sowie Tools zur Aufgabenverwaltung und Infotainment. Ziel ist ein effizienter, intuitiver Arbeitsablauf in der Notaufnahme.
Analoges und modulares Orientierungssystem
Als ergänzende Maßnahme zum digitalen Armband wurde ein analoges und modulares Orientierungssystem entwickelt. Es richtet sich insbesondere an Personen, die kein Armband nutzen möchten. Die analoge Komponente stellt auch ein wichtiges Sicherheitsnetz dar, das auch bei unerwarteten Notfällen eine zuverlässige Orientierung gewährleistet. Das System besteht aus einer an der Wand befestigten Lochplatte, die als Basis dient. Die einzelnen Schilder können je nach Bedarf einfach in die vorgesehenen Löcher eingesteckt und bei Bedarf vom Personal unkompliziert ausgetauscht oder neu positioniert werden. So bietet das Orientierungssystem maximale Freiheit bei der Raumgestaltung und lässt sich flexibel an unterschiedliche Gegebenheiten anpassen – ganz ohne einen umfassenden Umbau. Zudem zeichnet es sich durch seine nachhaltige Nutzbarkeit aus, da nicht das gesamte System ersetzt werden muss.
Bildschirm im Wartebereich
Im Wartebereich informiert ein Bildschirm abwechselnd über allgemeine Inhalte zur Notaufnahme und zeigt in einfacher Darstellung die aktuelle Auslastung sowie den Stand abgeschlossener Arbeitsschritte. Zudem erklärt er das Manchester Triage System anhand von Icons und Farbcodes, um die Priorisierung transparenter zu machen. Der Bildschirm ergänzt das Gesamtkonzept, steht jedoch nicht im Fokus der Gestaltung.
Patient:innen ohne eGK erfassen ihre persönlichen und medizinischen Daten über ein Tablet, ihr Anliegen sowie Einwilligungen, z. B. für Status-Updates an Angehörige. Angehörige, die später eintreffen, können über einen eigenen Bogen ihre Kontaktdaten angeben, um per SMS über den Behandlungsfortschritt informiert zu werden.