Ort des Gedenkens

Bestattungen im Wandel:

Zeitgemäße Abschieds- und Erinnerungskultur

im physischen und digitalen Raum

Die deutsche Bestattungskultur befindet sich in einem Wandel. Durch demografischer Entwicklung, wirtschaftlichen Faktoren, Säkularisierung, Digitalisierung und einem wachsenden Bedürfnis nach Individualität und Nachhaltigkeit verändern sich Vorstellungen vom Abschied. In Deutschland entscheidet sich die deutliche Mehrheit mittlerweile für eine Feuerbestattung. Auch beim Ort der Beisetzung gibt es Veränderungen. Zwar ist der Friedhof noch der häufigste Ort, jedoch wächst der Wunsch nach alternativen Formen wie Waldbestattungen. Das klassische Grab als fester Ort des Gedenkens verliert an Bedeutung, während pflegefreie und anonyme Grabformen zunehmen. Gleichzeitig verlagert sich Trauer zunehmend in den digitalen Raum. Online-Gedenkseiten und soziale Medien schaffen neue Möglichkeiten des Erinnerns, unabhängig von Ort und Zeit. Kirchliche Begleitungen finden inzwischen bei weniger als der Hälfte aller Bestattungen statt. Dennoch sind viele Abschiede weiterhin zwangsläufig durch christliche Symbole geprägt, wie etwa in der Ausstattung oder der Raumgestaltung von Trauerhallen. Auf diese Entwicklungen möchten wir mit diesem Projekt reagieren.

Auf Grundlage unserer Recherchen haben wir im Projekt das Potenzial alternativer Bestattungsformen, insbesondere der Urnenbestattung in naturnahen Umgebungen, in den Fokus gestellt. Wir haben bewusst auf vorgegebene religiöse Symbole verzichtet, um Raum für eine freie und persönliche Gestaltung zu schaffen. Gleichzeitig war es uns wichtig, bestehende Traditionen zu bewahren, sie kritisch zu hinterfragen und Individualisierung zu ermöglichen. Durch interdisziplinäre Zusammenarbeit haben wir sowohl einen physischen Ort der Andacht als auch einen digitalen Raum entwickelt und diese miteinander verbunden.

Ort des Gedenkens – Andachtsplatz

Der Anlassplatz ist ein kreisförmiger Pavillon, entworfen für Abschiedszeremonien in der Natur. Die Ausstattung ist bewusst auf das Wesentliche reduziert und umfasst einen Urnentisch, Rednerpult, Bilderständer und Sitzbänke. So entsteht kein Zwang zur Nutzung einzelner Elemente, wenn sie nicht benötigt werden, gleichzeitig bleibt Raum für individuelle Gestaltung. Darüber hinaus erleichtert die feste Ausstattung die Arbeit der Bestatter:innen, die ein Teil Elemente bislang in den Wald transportieren müssen.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied zu bestehenden Anlagen ist die Überdachung. Sie bietet zum Beispiel bei Regen Schutz, sowohl für die Trauergäste, als auch die wasserempfindliche Urne.

Digitaler Ort des Gedenkens – Website

Ergänzend zum physischen Ort ermöglicht die digitale Ruhestätte individuelles Gedenken im Netz. Die Hauptseiten der Website lassen in drei Ebenen abstuften. Je weiter man in die Struktur vordringt, desto persönlicher und interaktiver wird das Gedenken. Auf diese Weise können unterschiedliche Phasen des Trauerprozesses, vielfältige Bedürfnisse und verschiedene Beziehungsnähen zur verstorbenen Person berücksichtigt werden.

Übertragung des realen Bestattungsort in eine digitale Umgebung

Der digital übertragene Bestattungsort wird durch eine abstrahierte, schematische Darstellung des realen Ortes abgebildet. Die digitale Ruhestätte verwendet ausschließlich Basisdaten wie Name, Geburtsdatum und Sterbedatum. Diese Informationen stammen aus öffentlich zugänglichen Quellen der kooperierenden Bestattungsorte und entsprechen den Angaben, die auch vor Ort auf den Grabstellen zu finden sind. Die Daten werden automatisiert eingebunden, sobald an einem dieser Orte eine Bestattung erfolgt. So entsteht eine direkte Verbindung zwischen physischem Ort und digitalem Raum.

Öffentliche Gedenkseite

Die offizielle Gedenkseite wird nicht automatisch, sondern auf Wunsch der Angehörigen erstellt. Sie ist öffentlich sichtbar und bietet über die grundlegenden Informationen hinaus die Möglichkeit, mehr über die verstorbene Person zu erfahren und ein persönliches, digitales Andenken zu gestalten. Neben Bildern, biografischen Texten und Erinnerungen lässt sich ein Zeichen des Gedenkens setzen. Diese Funktion orientiert sich am gängigen Ritual, Objekte am Grab abzulegen, was bei Naturbestattungen aus Gründen des Naturschutzes nicht gestattet ist.

Private Gedenkseite

Die private Gedenkseite ist nur für einen geschützten Personenkreis zugänglich. Sie wird von Angehörigen eingerichtet und ermöglicht allen eingeladenen Personen vielfältige Interaktionsmöglichkeiten. Es können Fotos und Videos hochgeladen, persönliche Erinnerungen geteilt und gemeinsame Termine geplant werden.