In der Bachelor-Arbeit im 7. Semester bearbeiten die Studierenden – meist in Gruppen – anhand eines frei wählbaren Themas ein Gestaltungsprojekt, in dem sie ihre erlernten Kenntnisse in Recherche, Konzept und Entwurf praktisch anwenden.
Präventive Förderung der Mundgesundheit – Ein Digitalkonzept zur Wissensvermittlung
Im Rahmen dieser Arbeit entstand ein Digitalkonzept zur präventiven Förderung der Mundgesundheit. Ziel der Anwendung ist das Schließen weit verbreiteter, folgenschwerer Wissenslücken.
Durch einen Micro-Learning Ansatz, können Nutzer:innen während des Zähneputzens kleinteilige, videobasierte Inhalte aufnehmen. Somit wird die Basis einer mehrtägigen Lerngewohnheit gebildet, die sich in den Alltag der Nutzer:innen integriert. Die Inhalte sind durch ein zweistufiges Filter-System auf die speziellen Bedürfnisse der Nutzer:innen angepasst. Die während der Nutzung gesammelten Punkte, können gegen bestehende Bonusangebote der Krankenkassen eingelöst werden. Durch die Interaktion mit dem Digitalangebot werden die Nutzer:innen dazu befähigt, ihre Gesundheit langfristig zu erhalten und sich viele Unannehmlichkeiten zu ersparen. Ärzte:innen profitieren dadurch, ihren Patient:innen ein sich auf verschiedene Befunde und Gesundheitssituationen einstellbares Werkzeug an die Hand geben zu können.
Kontext
Für die Research Phase nutzte ich das weit ausgebaute Expert:innennetzwerk meiner Kooperationspartnerin Frau Kustermann. So konnte ich mit verschiedenen Expert:innen sprechen, einen tiefen Einblick in das Feld der Zahnmedizin gewinnen und eine “Context-Map” validieren. In folgender Map ist die Ursachen-Folgewirkungen Landschaft des Projektkontext visuell dargestellt.
Die Wissenslücken haben zufolge, dass Erwachsene erkranken und frühkindliche Erkrankungen, wie Karies oder Kreidezähne, immer häufiger vorkommen. Nur 46 Prozent der Zehnjährigen, also rund 342.000 Kinder in Deutschland, hatten noch keine Kariesbehandlung. Die Eltern bzw. das soziale Umfeld der Kinder kommt hier seiner Verantwortung zum Wohl des Kindes oft nicht zur Genüge nach. Neben der sozialen Außenseiterposition, welche die Kinder auf Grund ihrer Mundgesundheit einnehmen, verlieren sie wertvolle Zeit in den Bildungseinrichtungen.
Arbeitnehmer:innen nehmen viel Zeit für die Arztbesuche in Anspruch oder fallen – auf Grund ihrer Krankheit – aus, wodurch wiederum das wirtschaftliche Wachstum der Betriebe geschwächt wird. Die Anzahl an Arbeitsunfähigkeitstagen steigt in Deutschland seit vielen Jahren. 2017 lag die durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit bereits bei 16,7 Tagen pro Mitarbeiter:in, in einem Jahr.
Die durch die Probleme aus dem Bereich der Mundgesundheit entstehenden Kosten, fallen zu einem Großteil bei den Krankenkassen an. Diese müssen nicht nur die Kosten aus Behandlungen der Zahnarztpraxen decken, sondern auch Krankengeld bezahlen, wenn der/die Arbeitnehmer:in nach sechs Wochen immer noch arbeitsunfähig ist (70 Prozent des Bruttogehalts). Die steigenden Kosten der Krankenkassen werden durch stetig steigende Beiträge der Krankenkassen gedeckt. Somit sind am Ende der Kette wieder die Verbraucher:innen, gefragt die Kosten zu decken.
Mehr Infos zu Kontext & Research, im PDF.
Herausforderungen
Die zwei größten Herausforderungen bestanden darin, die niedrige Motivationsschwelle von potenziellen Nutzer:innen zu überkommen und für jeden/jede Nutzer:in einen relevanten Inhalte-Mix zu gewährleisten. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurde ein Konzept entwickelt, welches aus verschiedenen Lösungsbausteinen besteht.
Lösungen
Eine niedrigschwellige Anwendungsebene, die Nutzung bestehender Zahnpflege-Routinen, Möglichkeiten einer Personalisierung per ärztlicher Diagnose, ein verstärkt persönliches Videoformat und die Integration bestehender Bounusprogramme der Krankenkassen, bilden den Kern des Konzeptes.
Die Anwendung und deren Inhalte sind so gestaltet, dass die tägliche Routine der Zahnpflege genutzt werden kann, um mit der Anwendung zu interagieren und eine nachhaltige Lerngewohnheit zu etablieren. Hierbei wird ein Microlearning Ansatz verfolgt, der dafür Sorge trägt, dass die Inhalte die kognitiven Fähigkeiten der Nutzer:innen nicht überbeanspruchen und als kleinteilige Informationspakete übermittelt werden. So verlieren Nutzer:innen keine zusätzliche Zeit in ihrem Alltag und werden in einer günstigen Situation mit den Inhalten konfrontiert, da sie während der Zahnpflege schon von sich aus aktiv sind, für den Erhalt der Mundgesundheit.
Durch ein internes Punktesystem werden den Nutzer:innen, nach jedem gesehenen Kapitel Punkte gutgeschrieben, die gegen bestehende Angebote der Krankenkassen eingelöst werden können. So müssen die Krankenkassen im Vorfeld mit der unternehmerischen Einheit, welche das System entwickelt, vertreibt und pflegt, verhandeln, wie viele der anwendungsinternen Punkte nötig sind, um die verschiedenen Bonus Angebote der Krankenkassen zu erwerben.
Eine einfache Datenabfrage, zur groben Filterung der Inhalte, gewährleistet inhaltliche Relevanz. So werden Nutzer:innen schon im ersten Kapitel “Einführung zur App-Nutzung“ über grundlegende Informationen ausgefragt. Diese Fragen beziehen sich gezielt auf Umstände, welche mit einem hohen Wahrheitsgrad von den Nutzer:innen beantwortet werden können. So wird verhindert, dass diese falsche Befunde über sich eingeben und keine Inhalte gezeigt bekommen, welche die Gesundheit gar gefährden könnten. Im Gegenteil wird hierdurch die Wirksamkeit auf das erste von zwei Levels angehoben, da nun die ersten Parameter zur Filterung der Inhalte bekannt sind und genutzt werden.
Hat sich ein/eine Patient:in über die Anwendung für einen Termin zur Diagnose angemeldet, können die Fachkräfte im Nachgang an die Untersuchung den Befund über eine weitere Schnittstelle des Systems eingeben. Dort können sich die Fachkräfte mit den Zugangsdaten der Praxis anmelden und über verschiedene Suchfunktionen den/die Patient:in finden, deren Profil aufrufen und den Befund in verschiedenen Kategorien eingeben. Zu den Kategorien gehören, Allgemein, Krankheitsbilder und Profile.
Unter der “Allgemeinen“ Kategorie, kann die Sprachkompetenz eingestellt werden, wodurch die jeweils passende Kommunikationsform der Inhalte gewählt wird. Zudem kann der Familienstand von dem/der Patient:in angegeben werden, wodurch sich der am Ende generierte Inhalte-Mix verändert. Hat der/die Patient:in z.B. Kinder, werden auch Inhalte zur Gesundheitserhaltung dieser mit in den Mix aufgenommen. Unter der Kategorie “Krankheitsbilder“, können verschiedene Befunde wie z.B. Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation, Parodontitis oder Candidose, ausgewählt werden. Diese haben auch wieder einen großen Einfluss auf den Inhalte-Mix. Unter letzter Kategorie “Profile“ besteht die Option auf den/die Patient:in passende Personen- und Familienprofile auszuwählen. Diese Profile sind Teil eines bestehendes Systems, welches genutzt wird, um Patient:innen durch verschiedene Indikatoren einem Profil zuzuweisen und von damit verbundenen Handlungs- und Inhalte Empfehlungen Gebrauch zu machen. So wird der Inhalte-Mix für z.B. “Eltern mit geringem Bewusstsein für Zahnhygiene“ verstärkt auf die Sensibilisierung des Themas Mundgesundheit gelegt.
Am Ende der digitalen Schulung, wenn alle Kapitel gesehen wurden, findet eine Evaluierung durch eine Wissensabfrage statt. Diese gibt verhältnismäßig viele Punkte, wodurch das Bestehen der Evaluierung für Nutzer:innen an Reiz gewinnt. Für jedes Kapitel wird im Rahmen der Evaluierung eine Frage zu den Inhalten gestellt. Diese gleicht sich nicht eins zu eins mit den Fragen der Kapitel. So wird verhindert, dass Nutzer:innen sich nur die richtige Antwort merken und eine tatsächliche Verständnisprobe erzielt.
Da die Anwendung über sehr viele Inhalte verfügt und Nutzer:innen einen Bedarf für spezielles Suchen nach einzelnen Thematiken haben, kann eine Suchfunktion genutzt werden, um z.B. Inhalte zum Thema “empfindliche Zähne“ zu finden. Um hinsichtlich der Inhaltsform eine Konsistenz zu gewährleisten, treten auch die gesuchten Inhalte als einzelne Kapitel im Videoformat auf.
Um das Nutzungserlebnis der Anwendung auch in speziellen Fällen so hoch wie möglich zu halten, sind z.B. in Bezug auf den Kapitelkonsum-Intervall flexible Mechanismen gewählt. So kann ein/eine Nutzer:in auch mehrmals täglich ein Kapitel sehen und Punkte dafür abstauben. Jedoch wird dieser/diese darauf aufmerksam gemacht, dass für eine nachhaltige Routinebildung nur ein Kapitel gesehen werden sollte. Auch können die Kapitel in verschiedenen Kontexten gesehen werden, so müssen diese nicht zwanghaft in die Zahnpflegeroutine integriert werden.
Im laufe des Projektes wurde ich von vielen Personen unterstützt. Mein herzlicher Dank gebührt besonders:
Houma Kustermann, Dr. Melanie Wechtenbruch, PD Dr. Johan Wölber, Prof. Dr. Zimmer, Dr. Dr. Jürgen Lichtenstein, Lino Grossmann, Elliot White, Janosch Reiter, Jürgen Reiter, Ulrike Weinhart, Barbara Schussmann, Marianne Spiess, Mark Meyer, Pelle Luca Dwertmann, Max Mertens, Ferdinand Sorg, Hannah Gatter, Stephan Schenk, Sophia Grote, Simon Hettler, Johannes Ruf, Sven Kammerer, Marie Bünner
Die Dentropia Vertriebs GmbH verfügt über alle Nutzungsrechte der Arbeit. Bei Interesse wenden Sie sich bitte an:
Für einen tieferen Einblick in das Lösungskonzept finden Sie mehr Inhalte ab Seite 93, im oben angezeigten PDF. Ich freue mich über Ihren Eindruck zu der Arbeit, als Kommentar.
Angenehmes Design und der Ansatz mit den kleinen Happen während dem Zähneputzen find ich ne tolle Idee!
Antje
Ist für Angstpatienten vermutlich auch ne ziemlich gute Sache, weil man die Informationen im eigenen Umfeld bekommt und nicht beim Zahnarzt sitzend nichts mitbekommt vor Panik…
Kommentare
Julia
Antje
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