“Gemeinsam gestalten, Gemeinschaft schaffen” ist ein partizipatorischer Gestaltungsprozess, der einen besonderen Augenmerk auf die Stärkung der Gemeinschaft unter den Teilnehmer:innen legt.
Ich habe von Oktober 2020 bis Januar 2021 gemeinsam mit Bewohner:innen der Hoffnungshäuser Schwäbisch Gmünd begonnen ein Möbel zu gestalten und ihnen so die Gestaltung als Problemlösungsansatz nahe gebracht. In verschiedenen Workshopformaten haben wir gemeinsam für das Badezimmer ein Regal gestaltet. Durch die Teilnahme am Prozess konnten die Teilnehmer:innen neue Kontakte knüpfen und aus ihrem eigenem Antrieb, aber inspiriert durch mein Projekt, sind jetzt die Hoffnungshaus-Hacks entstanden, bei denen die Bewohner:innen gemeinsam Alltagsprobleme in den Wohnungen angehen.
Der partizipatorische Gestaltungsprozess
Bei der partizipatorischen Gestaltung werden die Nutzer:innen aktiv mit in den Prozess mit einbezogen. Sie fungieren als wichtige Alltagsexpert:innen und gestalten und entscheiden gemeinsam mit den ausführenden Gestalter:innen. Im von mir entwickelten Prozess treten die Gestalter:innen als Prozessleitung und Facilitator auf. Der Prozess kann gut in bestehenden sozialen Gefügen, wie integrativen Wohnprojekten, durchgeführt werden.
Der Prozess hat fünf Phasen:
Kennenlernen
Suche
Analyse
Planung
Umsetzung
In der ersten Phase sollen die Teilnehmer:innen sich untereinander kennenlernen und erste Gestaltungsmethoden. Diese Phase fungiert als Kick-Off für den Gestaltungsprozess.
In der zweiten Phase wird in Interviews und Fototagebüchern der Teilnehmer:innen Problemfelder im Alltag identifiziert und die Teilnehmer:innen entscheiden gemeinsam, welches Feld sie weiter bearbeiten möchten.
In der dritten Phase wird dieses Feld näher untersucht um die Anforderungen und Bedürfnisse zu ermitteln.
In der vierten Phase werden erste Konzepte entwickelt und erste Funktionsprototypen getestet.
Abschließend wird ein Konzept als Bausatz ausgestaltet und umgesetzt, den die Teilnehmer:innen eigenständig oder mit Unterstützung der Gestalter:innen bauen können.
Der Prozess legt ein besonderes Augenmerk auf die Gemeinschaftsförderung unter den Teilnehmer:innen. Hierfür sind verschiedene Aspekte ausschlaggebend.
Das Arbeiten in der Gruppe ermöglicht neue Kontakte zu knüpfen oder bestehende Kontakte in einem anderen Kontext zu erleben.
Wenn die Teilnehmer:innen in gemischten Gruppen arbeiten (z.B. in Bezug auf Herkunft, Geschlecht oder Alter) können Kontakte entstehen, die sonst eventuell nicht zustande gekommen wären.
Die Art des zu gestaltenden Produktes kann unterschiedlichen Einfluss nehmen. Ein Objekt für den Gemeinschaftsgebrauch, etwa eine Gartenbank oder ein Hochbeet, fördert auch über den Prozess hinaus die Gemeinschaft. Ein Objekt für den Einzelhaushalt ermöglicht jedoch während des Prozess gegenseitige Besuche der Teilnehmer:innen und so den Einblick in andere Haushalte.
Gegenseitige Besuche der Teilnehmer:innen im Rahmen des Prozesses schaffen eine neue Begegnungsebene zwischen den Teilnehmer:innen.
Kinderbetreuung während den Workshops vereinfacht Eltern eine Teilnahme und ermöglicht gleichzeitig den Kindern neue Kontakte zu knüpfen.
Das Projekt in den Hoffnungshäusern
Ich habe in den Hoffnungshäusern Schwäbisch Gmünd verschiedene Workshopformate durchgeführt und von Oktober 2020 bis Januar 2021 haben 12 Bewohner:innen in unterschiedlicher Form am Projekt teilgenommen. Die Hoffnungshäuser sind ein integratives Wohnkonzept der Hoffnungsträger Stiftung. In den etwa 30 Wohnungen leben einerseits Einheimische und andererseits Geflüchtete. Durch eine aktive Hausgemeinschaft soll die Integration der Geflüchteten hier in Deutschland und Schwäbisch Gmünd unterstützt werden.
Der erste Workshop hatte den Fokus des Kennenlernens der Teilnehmer:innen, der Gestaltung als Problemlösungsansatz und meines Projektes. Für ein konkretes Problem in den Einbauküche der Hoffnungshäusern haben wir einen einfachen Berliner Hocker gebaut und außerdem mit Ideationmethoden einen gestalterischen und analytischen Ansatz durchgeführt.
Im Rahmen von Interviews wurden verschiedene Problemfelder identifiziert und das Badezimmer für die weitere Bearbeitung ausgewählt. Es ist mit 7qm vergleichsweise klein und es fehlt an Unterbringungsmöglichkeiten.
In einem zweiten Workshop haben wir anhand von Fotos der Teilnehmer:innen die Situation im Badezimmer näher untersucht und einen Funktionsprototypen eines Waschbeckenunterschranks gebaut.
Die Nutzung des Prototypen haben wir im dritten Workshop gemeinsam ausgewertet und die Teilnehmer:innen haben die Anforderungen an ein solches Regal priorisiert und mit einem Moodboard eigene Gestaltungsvorlieben festgehalten.
In einem Modellbau haben sie erste Konstruktionsideen im Maßstab umgesetzt.
Ich werde das Projekt nach Beendigung der Bachelorarbeit ab März 2021 fortsetzen um gemeinsam mit den Teilnehmer:innen einen Bausatz zu gestalten, der dann allen Bewohner:innen zur Verfügung steht.
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