In der Bachelor-Arbeit im 7. Semester bearbeiten die Studierenden anhand eines frei wählbaren Themas ein Gestaltungsprojekt, in dem sie ihre erlernten Kenntnisse in Recherche, Konzept und Entwurf praktisch anwenden.
Prof. Michael Schuster, Prof. Carmen Hartmann-Menzel
Voice Select. Focus on the voices that matter.
Mehr Kontrolle für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen – UX-Design für individualisierte Stimmauswahl
Einleitung
Moderne Hörhilfen helfen dabei, Gespräche besser wahrzunehmen – doch sie wissen nicht, welche Stimmen wirklich relevant sind. In lauten Umgebungen bedeutet das oft Überforderung, Missverständnisse und soziale Isolation.
Unser UX-Projekt setzt genau hier an: Wir haben eine Lösung zur manuellen Stimmauswahl entwickelt, die Nutzer:innen erlaubt, selbst zu bestimmen, welche Stimmen in Gesprächen verstärkt werden – für mehr Kontrolle, weniger Anstrengung und eine bessere soziale Teilhabe.
Problemstellung
Menschen mit Hörbeeinträchtigungen stehen in Gruppengesprächen vor besonderen Herausforderungen. Moderne Hörgeräte verstärken alle Stimmen gleich oder priorisieren nach Distanz – was nicht immer die optimale Wahl ist. In Gesprächen mit mehreren Personen kann das dazu führen, dass:
Stimmen von irrelevanten Personen verstärkt werden
Wichtige Gesprächspartner:innen in der Klangkulisse untergehen
Die Höranstrengung steigt und das Verständnis sinkt
Es fehlt eine flexible, adaptive Steuerung, die Nutzer:innen selbst die Kontrolle über ihre Hörwahrnehmung gibt.
Designprozess & Methoden
Erstes Lofi-User Testing
1. Research & Problemdefinition
Interviews mit Hörgeräteträger:innen & Expert:innen aus Audiologie & UX-Forschung
Analyse bestehender Hörhilfen & ihrer Limitierungen
Identifikation von zentralen Herausforderungen in Gruppengesprächen
2. Konzeptentwicklung & Prototyping
Erstellung erster Skizzen & Wireframes
Entwicklung von Low-Fidelity-Prototypen zur Validierung der Interaktionsprinzipien
Erste explorative Tests zur intuitiven Bedienbarkeit
3. User Testing & Iterationen
Tests unter realen Bedingungen mit Hörgeräteträger:innen & CI-Nutzer:innen
Direkte Kopplung der Prototypen mit bestehenden Hörhilfen zur praxisnahen Validierung
Iterative Optimierung der Bedienlogik basierend auf Nutzerfeedback
4. Finalisierung & High-Fidelity-Prototyp
Umsetzung des finalen Interface-Designs mit Fokus auf intuitive und diskrete Steuerung
Finalisierung der Interaktionsmechanismen für Selection Mode & Conversation Mode
User Testing mit echter Stimmverstärkung
Das finale Konzept: Flexible & individualisierbare Stimmauswahl
Unsere UX-Lösung erlaubt es Nutzer:innen, gezielt festzulegen, welche Stimmen verstärkt oder reduziert werden sollen. Dabei arbeiten wir mit zwei interaktiven Modi:
Selection Mode: Nutzer:innen wählen ihre relevanten Gesprächspartner:innen aktiv aus, um sich auf sie zu konzentrieren.
Conversation Mode: Stimmen werden grafisch reduziert dargestellt und können mit einem einfachen Tap in zwei Zustände gesetzt werden:
Focus → Maximale Verstärkung für zentrale Gesprächspartner:innen
Subtle → Dezente Verstärkung für Hintergrundstimmen, um Kontext zu bewahren
Effiziente & intuitive Interaktion
Minimale Ablenkung durch reduzierte Interface-Gestaltung
Die gezielte Steuerung der Hörwahrnehmung kann die Kommunikationsfähigkeit von Menschen mit Hörbeeinträchtigungen erheblich verbessern. Unsere UX-Lösung reduziert Höranstrengung und schafft eine neue Dimension der Selbstbestimmung.
Im Vergleich zu bestehenden Hörgeräten, die auf starre Algorithmen setzen, bietet unser System eine flexible, adaptive Anpassung an verschiedene Gesprächssituationen.