Wir befinden uns in einem spannenden kulturellen und technologischen Moment. Von technischen Innovationen wie KI-gesteuerter Bildverarbeitung, computergestützter Fotografie, neuen Hightech-Sensoren autonom fahrender Autos, VR/AR, 360°-Kameras bis hin zu sich radikal verändernden Kommunikations- und Konsumgewohnheiten. Selbst Restaurants und ganze Städte werden optimiert, um „instagram-würdig“ zu sein. Daher scheint es sicher, dass die Zukunft des “Sehens” im weitesten Sinne momentan völlig offen ist und sich die Möglichkeiten/Veränderungen schnell weiterentwickeln.
In diesem Kurs wurden die Studierenden aufgefordert, neue/veränderte Wege der aktuellen und zukünftigen Auffassung des Konzepts des Sehens zu erforschen. Von der Analyse und Verbesserung bestehender Objekte/Produkte/Werkzeuge/Dienstleistungen bis hin zur Präsentation radikaler neuer Arten des Sehens, um eine Debatte über ihre menschlichen Konsequenzen anzuregen - soziale, kulturelle und ethische Auswirkungen, sowohl positiv als auch negativ.
Die Projektergebnisse sollten in vielfältiger Form ausgedrückt werden, die von den Studierenden selbst gewählt wurden, z.B. durch Video und Fotografie von (zukünftigen) Artefakten, Produkten, Dienstleistungen, Prototypen, Visualisierungen, Demonstratoren bis hin zu verblüffenden interaktiven Erfahrungen.
Prof. Benedikt Groß, Dr. Eileen Mandir, Ansgar Seelen
Aletheia – Seeing the Unseen
Kommunikation ist integraler Bestandteil des Lebens. Im digitalen Raum entfallen jedoch die Feinheiten der menschlichen Interaktion. Aletheia hat es sich zum Ziel gesetzt, Komplexität in der virtuellen Verständigung zu reduzieren und durch Erkennung und Wiedergabe von Emotionen eine wahrhaftige, beständige Kommunikation zu ermöglichen.
Die aktuelle Covid-19-Pandemie bringt viele neue Herausforderungen mit sich und zeigt vergangene sowie bestehende Probleme im Bereich der digitalen Kommunikation auf. Auch Trends wie die stetige Vereinsamung und soziale Isolation sind Herausforderungen, denen wir uns als Gesellschaft zukünftig mehr widmen müssen, und gehen einher mit der steigenden Nutzung neuer, digitaler Kommunikationsmöglichkeiten.
Emotion in digitaler Kommunikation
Neben der Bild- und Tonübertragung spielen Emotionen aktuell eine untergeordnete Rolle in der Kommunikation. Wir stellten fest, dass Räumlichkeit zwar auch ein wichtiger Teil der menschlichen Kommunikation darstellt, aber der wichtigere Punkt eigentlich das Beobachten des Gegenübers und dessen Verhalten betrifft, um den Menschen vollkommen wahrzunehmen. In Video-Formaten kann nur ein begrenzter Teil des Menschen abgebildet werden, sodass die hoch komplexe emotionale Ebene bisher nicht für Kommunikationszwecke genutzt wird.
Augmenting Communication
Aletheia funktioniert durch Affective Computing, es kann Emotionen aus Sprach- und Gesteneingaben analysieren und erkennen. Je länger eine Person Aletheia benutzt, desto besser wird es ihre individuellen Bedürfnisse verstehen. Die Hardware-Komponente, nämlich Aletheia Impulse, gibt die erkannten Emotionen durch ruhiges und zurückhaltendes visuelles Feedback wieder. Das kapazitive Touch-Display ermöglicht die Interaktion mit Freunden und Kollegen durch Tap- und Pinch-Gesten.
Ein Blick in die Zukunft
Was unterscheidet das Lebendige vom Nicht-Lebendigen? Was ist Leben? Das sind Fragen, die seit Anbeginn der Kulturen die Gemüter beschäftigen. Die Suche nach einer klaren Abgrenzung zwischen belebt und unbelebt ist ein Spiegelbild der menschlichen Tendenz, Grenzen zu schaffen, nicht nur physische, sondern auch begriffliche.
Mit der aufkommenden künstlichen Intelligenz und einem zunehmend virtuellen Lebensraum hat es sich Aletheia zur Aufgabe gemacht, jenseits von Dichotomien zu suchen und die unscharfe Grenze zwischen belebter und unbelebter Materie zu erforschen. Wenn das System in der Lage ist, Emotionen zu erkennen und zu reproduzieren, was wird dann in der Zukunft kommen?