Wir befinden uns in einem spannenden kulturellen und technologischen Moment. Von technischen Innovationen wie KI-gesteuerter Bildverarbeitung, computergestützter Fotografie, neuen Hightech-Sensoren autonom fahrender Autos, VR/AR, 360°-Kameras bis hin zu sich radikal verändernden Kommunikations- und Konsumgewohnheiten. Selbst Restaurants und ganze Städte werden optimiert, um „instagram-würdig“ zu sein. Daher scheint es sicher, dass die Zukunft des “Sehens” im weitesten Sinne momentan völlig offen ist und sich die Möglichkeiten/Veränderungen schnell weiterentwickeln.
In diesem Kurs wurden die Studierenden aufgefordert, neue/veränderte Wege der aktuellen und zukünftigen Auffassung des Konzepts des Sehens zu erforschen. Von der Analyse und Verbesserung bestehender Objekte/Produkte/Werkzeuge/Dienstleistungen bis hin zur Präsentation radikaler neuer Arten des Sehens, um eine Debatte über ihre menschlichen Konsequenzen anzuregen - soziale, kulturelle und ethische Auswirkungen, sowohl positiv als auch negativ.
Die Projektergebnisse sollten in vielfältiger Form ausgedrückt werden, die von den Studierenden selbst gewählt wurden, z.B. durch Video und Fotografie von (zukünftigen) Artefakten, Produkten, Dienstleistungen, Prototypen, Visualisierungen, Demonstratoren bis hin zu verblüffenden interaktiven Erfahrungen.
Prof. Benedikt Groß, Dr. Eileen Mandir, Ansgar Seelen
viltr. - vision beyond reality
Viltr. ist ein spekulatives Designprojekt, das sich mit der Vision des personalisierten Sehens auseinandersetzt. Hierbei wird eine potenzielle Zukunft skizziert, in der die Menschen durch die Verwendung verschiedener Sehfilter in der Lage sind, ihr Sehvermögen individuell zu erweitern und an ihre Bedürfnisse und Vorlieben anzupassen.
Das gleichnamige fiktive Unternehmen und die Visualisierung des entsprechenden Produkt- und Dienstleistungsangebots machen das Szenario greif- und diskutierbar.
Wir befinden uns am Anfang einer Seh-Revolution. Im kommenden Jahrzehnt werden wir höchstwahrscheinlich in einer Welt leben, in der sichtbare Computer zunehmend verschwunden sind und sich näher an unserem Körper – und sogar in unseren Augen – befinden. Bereits heute zeichnet sich ab, dass sich AR- und VR-Technolgie immer mehr in Richtung „invisible computing“ entwickelt und weiter in unseren Alltag vorrückt.
viltr.lenses - AR Kontaktlinsen
Dieser Trend eröffnet ganz neue Möglichkeiten für das Sehen und könnte dazu führen, dass unsere Wahrnehmung noch individueller wird. Personalisiertes Sehen ist unserer Meinung nach der nächste logische Schritt in der Evolution des Sehens. Darin sehen wir das Potenzial, die Sprache des Designs zu nutzen, um über mögliche Auswirkungen auf unser Leben zu spekulieren und das Nachdenken über eine wünschenswerte Zukunft zu fördern.
Die Zukunft des Sehens – ein Szenario
Was wäre, wenn wir nur noch das sehen würden, was wir sehen wollen? Was wäre, wenn wir die Welt durch visuelle Filter betrachten würden? Und was wäre, wenn das jeder könnte – überall und jederzeit?
Um diese Fragen zu erforschen und den immensen Vorteilen, den personalisiertes Sehen für unser Leben, unsere Arbeit und die Gesellschaft als Ganzes bringen könnte, eine Gestalt zu geben, haben wir ein spekulatives Designprojekt mit dem Titel „viltr.“ entwickelt.
Viltr. ist zugleich der Name eines fiktiven Unternehmens, das mit seinem Produkt- und Dienstleistungsangebot Menschen die Möglichkeit bietet, ihr Sichtfeld durch die Verwendung verschiedener Sehfilter zu modifizieren. Die hypothetischen digitalen und physischen Produkte stellen dabei Designvorschläge für Objekte einer anderen Welt dar und sind Teil einer Zukunftsvision, die in ca. sieben bis zehn Jahren vorstellbar wäre.
Vielfalt der anwendbaren Sehfilter
Durch die zeitliche Verortung nah an der Gegenwart wird das Szenario sowohl glaubhaft als auch nachvollziehbar, und der hohe Detailgrad der Artefakte erweckt den Anschein, sie könnten bereits existieren. Dennoch lässt das Zukunftsszenario genügend Raum für eigene Interpretationen.
So werden mögliche negative Auswirkungen der Technologie durch den gezielten Einsatz überspitzter Darstellungen und dezenter Hinweise angedeutet. Damit soll beim Betrachtenden ein inneres Fragezeichen erzeugt werden und ihn dazu ermutigen, selbst kritisch über mögliche soziale, kulturelle und ethische Implikationen zu reflektieren.
Das übergeordnete Ziel des Projekts ist es, eine Debatte darüber anzuregen, was wäre, wenn personalisiertes Sehen zur Norm wird und sich die Filterblasen aus dem digitalen Raum gewissermaßen auf das reale Leben ausweiten. Gleichzeitig wollen wir mit unserem Gestaltungsansatz dazu beitragen, die Wahrscheinlichkeit einer wünschenswerten Zukunft zu erhöhen.