In diesem Kurs explorieren Studierende mit den Mitteln des Design mögliche, wahrscheinliche und wünschenswerte Zukünfte von Kreativität und KI und erweitern den nutzerzentrierten Design-Ansatz um Methoden aus der Zukunftsforschung.
In diesem Kurs geht es um die Auseinandersetzung mit “Design Futuring”. In diesem neuen Wirkungsfeld der strategischen Gestaltung erweitern wir Design von einem rein nutzerzentrierten Ansatz zu einem zukunftsorientierten Ansatz, um zu erforschen, welche Zukünfte möglich und welche wünschenswert sind. Unter dem zentralen Thema “Futures of Creative AI: The next big thing in art & design or the death of creativity?” entstanden Projekte, die die Zukunft von Kreativität in Verbindung mit künstliche Intelligenz innovieren, spekulieren oder kritisieren. Zum Beispiel durch Ideen für neue Objekte/Produkte/Werkzeuge/Dienstleistungen, durch Szenarien gänzlich neuer technologischer Möglichkeiten oder die bewusste Anregungen einer positiven/negativen Debatte über mögliche Konsequenzen unseres heutigen Handelns. Dies wurde durch unterschiedliche gestalterische Ausdrucksformen realisiert wie z. B. Video und Fotografie von (zukünftigen) Artefakten, Produkten, Dienstleistungen, Prototypen, Visualisierungen, Demonstratoren bis hin zu interaktiven Erfahrungen.
Zwei Dinge sind für immer: der menschliche Geist und Daten. Wie sieht eine Zukunft aus, in der verstorbene Menschen durch KI wiederbelebt werden und Trauer ein Kaufbedürfnis darstellt?
Mit dem Projekt “Soulpod - Bring back your loved ones.” visualisieren wir ein Zukunftsszenario in dem Künstliche Intelligenzen verstorbene Menschen virtuell simulieren können – basierend auf den persönlichen Daten. Das fiktive Unternehmen “Soulware” stellt im Szenario im Jahre 2032 diese Technologie als Innovation vor. Dieses Projekt soll die technologische Entwicklung kritisch hinterfragen, psychologische und gesellschaftliche Auswirkungen verdeutlichen und zur Debatte anregen. Die folgenden Abschnitte des Textes sind aus Sicht des fiktiven Unternehmens geschrieben.
Begeben wir uns auf eine Reise in die Zukunft.
10 Jahre Innovation der Trauerbewältigung
2025: SoulFrame - Sprechen mit Verstorbenen
Bis ins Jahr 2025 hat ein Mensch, der eine geliebte Person verlor, versuchen müssen, diesen nicht zu vergessen. Längst vergangene Momente mit Verstorbenen wurden durch Bilder festgehalten. Dies hat Soulware vor acht Jahren verändert. Mit SoulFrame sind Nutzende in der Lage, mit verstorbenen Menschen zu sprechen, zu interagieren. Das e-Ink Display stellt dabei ein sich wandelndes Bild der Person dar. Dieses Produkt war der erste Schritt für verstorbene digitale Zwillinge in den Alltag.
2027: SoulTouch - Verstorbene spüren
Ein wichtiger Faktor, der nach dem Tod stets fehlte, wurde im Jahr 2027 durch Soulware geliefert - menschliche Nähe. SoulTouch ist eine Erweiterung, die Erinnerungen haptisch und taktil wahrnehmbar macht. Die dynamische Oberfläche des Kissens bildet Verhalten menschlicher Zuneigung ab: der Herzschlag, das Spüren der Hand oder Wärme. Das Produkt verspricht, menschliche Nähe von seiner Abhängigkeit zur Lebenszeit zu entkoppeln.
Die neue Innovation
2032: SoulPod
Die neuste Innovation, der SoulPod, ist ein Produkt, das es ermöglicht, verstorbene Menschen in virtueller Form zurückzubringen. Dies wird durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) erreicht, die auf umfangreichen Daten aus Chatverläufen, Social-Media-Konten und anderen Textdaten der Verstorbenen basiert. Die KI ermöglicht es, eine naturgetreue Simulation des Verhaltens und der Persönlichkeit des Verstorbenen zu erstellen.
Das Gesicht der virtuellen Person wird aus Tausenden von Bildern und Videos kreiert, die die Verstorbenen während ihres Lebens aufgenommen haben. Diese Daten werden analysiert und verarbeitet, um ein möglichst authentisches und natürliches Abbild zu erschaffen. Das Ergebnis ist eine nahezu lebensechte virtuelle Präsenz. SoulPod ermöglicht es Nutzenden, mit ihren verstorbenen Liebsten zu kommunizieren und Interaktionen zu erleben, die an ihre gemeinsame Zeit erinnern und Momente zu erleben, die neue Erinnerungen schaffen.
Upload der Lebensdaten: SoulScape AI
Um sicherzustellen, dass die digitale Version des einst Verstorbenen so nah wie möglich an der Person aus der Erinnerung des Nutzers ist, bietet Soulware eine einfache Möglichkeit, die erforderlichen Daten hochzuladen. Dies kann durch den Upload von Chatverläufen, Dokumenten und Aufnahmen auf die Soulscape Cloud-KI erfolgen.
Diese Cloud-KI verwendet fortschrittliche Technologien, um ein möglichst realistisches Abbild des Verstorbenen zu erstellen. Alle Daten gängiger Cloud-Dienste werden für den Import unterstützt.
Individualisierung von verlorenen Mitmenschen
Der SoulPod basiert zwar auf Daten des echten Lebens, kann aber durch Upgrades dynamisch angepasst werden. Ein solches Upgrade kann beispielsweise ein Geschlechterwechsel sein, um das digitale Abbild an veränderte Vorlieben oder Bedürfnisse anzupassen. Auch das Hinzufügen neuer Outfits und Look-ups kann die Authentizität des digitalen Zwillings verbessern. Des Weiteren kann auch ein Upgrade dazu genutzt werden, dass der digitale Zwilling auf dem neuesten Stand bleibt. Hierbei können aktuelle Informationen hinzugefügt werden, um z. B. aktuelle Geschehnisse diskutieren zu können.
Zurück in der Gegenwart
Ein Prototyp bereits im Jahr 2023
Die oben beschriebene technologische Entwicklung erinnert auf den ersten Blick zunächst an Science-Fiction. Dennoch sind wir technologisch bereits in der Lage das Verhalten und die Sprache Künstlicher Intelligenzen auf die von verstorbenen Menschen zu trainieren. Dies realisierten wir in einem technologischen Prototypen.
Exemplarisch wählten wir den seit neun Jahren verstorbenen, prominenten Schauspieler Paul Walker. Paul Walker verstarb äußerst tragisch in jungem Alter und die meisten Menschen der heutigen Generationen haben seinen Tod mitbekommen und wurden dadurch emotional erschüttert.
Der Prototyp ist in der Präsenzausstellung für Besucher*innen zugänglich. Hierbei ist jeder – der möchte – eingeladen, den gedanklichen Einstieg in dieses Zukunftsszenario zu erleben und mit uns als Projektgruppe Auswirkungen und Kritik der Thematik zu diskutieren.
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