In der Bachelor-Arbeit im 7. Semester bearbeiten die Studierenden anhand eines frei wählbaren Themas ein Gestaltungsprojekt, in dem sie ihre erlernten Kenntnisse in Recherche, Konzept und Entwurf praktisch anwenden.
normal aber unfair - eine Anleitung für die Schule
Kinder verbringen einen großen Teil ihres Lebens in der Schule, haben dort aber wenig Mitspracherecht. „normal, aber unfair“ hilft ihnen, das Schulsystem zu verstehen, Regeln zu hinterfragen und aktiv zu werden. Das Buch zeigt, wer über ihren Schulalltag bestimmt, warum viele Regeln oft ungerecht erscheinen und wie Schüler:innen selbst Veränderungen anstoßen können.
Die Inhalte basieren auf den Antworten einer Umfrage unter Schüler:innen, die ihre Erfahrungen, Frustrationen und Wünsche zur Schule geteilt haben. Ihre Perspektiven stehen im Mittelpunkt – das Buch greift auf, was Kinder über Schule denken und welche Strukturen ihren Alltag prägen. Es erklärt, wie Regeln entstehen, wer sie durchsetzt und welche Auswirkungen sie auf Lernen und Bewertung haben. Gleichzeitig zeigt es, dass Vorgaben nicht unveränderlich sind und dass es Möglichkeiten gibt, Schule mitzugestalten.
HINTERGRUND
Die Idee knüpft an das „Kleine Rote Schülerbuch“ aus den 1970er-Jahren an, das Schüler:innen dazu ermutigte, das Schulsystem kritisch zu hinterfragen. Diese Herangehensweise wird in „normal, aber unfair“ aufgegriffen und an die heutigen schulischen Strukturen angepasst. Das Buch gibt Schüler:innen nicht nur Wissen über die Funktionsweise des Systems, sondern auch Werkzeuge an die Hand, um ihre Rechte einzufordern und selbst aktiv zu werden.
INHALTE
Der Aufbau folgt einem klaren Lernprozess: Im ersten Kapitel „Du und das System“ geht es darum, das System zu durchblicken und zu verstehen. Im nächsten Abschnitt „Du und die Schule“ werden der Schulalltag und die Autoritäten thematisiert. Der dritte Teil „Ihr und die Regeln“ beschäftigt sich mit der Schulgemeinschaft, Leistung und Prüfungen. Der abschließende Abschnitt „Ihr und die Aktion“ fordert die Lesenden dazu auf, aktiv zu werden, indem er konkrete Tipps und Handlungsanweisungen gibt, die helfen, das Gelernte in die Praxis umzusetzen.
JAPANISCHE BINDUNG, PERFORATION UND ECKEN
Das Buch ist in der traditionellen japanischen Fukurotoji-Bindung gefertigt, bei der der Falz nach außen zeigt. Diese besondere Bindung wurde bewusst gewählt, da sie die Innenseiten verbirgt – dort befinden sich teils provokante, systemkritische Inhalte, die ausschließlich für Schüler:innen gedacht sind.
Um diese versteckten Einträge lesen zu können, müssen die Seiten an der perforierten Falz aufgetrennt werden – sei es mit einem Schülerausweis, einem Lineal oder einfach mit den Händen. Dies wird zu einem spielerischen Prozess, der das Entdecken der Inhalte zu einer persönlichen Erfahrung macht
Durch die Bindung entstehen drei Nutzungsstadien. Denn das Buch wächst mit gewonnen wissen der Lesenden mit.
Geschlossen: Zunächst sind nur die Außenseiten sichtbar. Teilweise geöffnet: Erste Inhalte werden freigelegt. Komplett geöffnet: Alle Seiten sind geöffnet, es ergibt sich ein neues Register.
SEITENÜBERSICHT
Hier ein kurzer Überblick über den Aufbau des Buches in einem Zustand, in dem erst wenige Seiten geöffnet und Ecken abgetrennt wurden. Die Gestaltung folgt dabei klaren Prinzipien, bleibt jedoch abwechslungsreich. Während feste Strukturen für Orientierung sorgen, ermöglichen spielerische und dynamische Elemente eine individuelle Entdeckungsreise durch den Inhalt.
Beschwerdeformular
KLAPPSEITEN
Da das Buch bewusst in einem kleinen Format gestaltet ist, sprengen umfangreiche Informationsgrafiken den vorhandenen Platz. Um dennoch ausreichend Raum für diese Inhalte zu schaffen, gibt es Klappseiten.
Eine davon ist der Akkordeonfalzbogen, der auf der Vorderseite ein speziell für Schüler:innen entwickeltes Beschwerdeformular zeigt. Dieses ist als Lückentext angelegt und kann individuell ausgefüllt werden. Die Rückseite bietet ergänzende Formulierungsvarianten, die dabei helfen, Anliegen präzise und wirkungsvoll auszudrücken.
KUVERT
Die Bücher sollen unauffällig unter Schüler:innen verbreitet werden, ohne dass Erwachsene es sofort bemerken. Ein scheinbar gewöhnliches Arbeitsblatt macht darauf aufmerksam – zwischen anderen Schulmaterialien fällt es Lehrkräften nicht auf, doch wer genauer hinsieht, findet versteckte Infos zum Buch.
Dort steht auch, wie man es bekommt: Mit einem bereits frankierten Kuvert muss nur die Adresse eingetragen und der Brief abgeschickt werden. Jedes Buch enthält zudem ein weiteres Kuvert, damit es leicht für Freund:innen bestellt werden kann.
AUSTAUSCHPLATTFORM
Das Buch wirkt direkt im Klassenzimmer und der Schule, während die Webseite eine digitale Erweiterung bietet, um sich darüber hinaus zu vernetzen. Die Idee der Heimlichkeit wird hier fortgeführt: Die Website ist bewusst versteckt und nur über bestimmte Hinweise wie den Buchumschlag oder ein Lesezeichen zugänglich. Wer genau hinschaut oder eingeweiht wird, kann die Plattform betreten.
Für die Gestaltung der Website haben wir uns von „Your World of Text“ inspirieren lassen – einer minimalistischen, rein textbasierten Plattform. Dort können Schüler:innen in Echtzeit schreiben, Beiträge anderer sehen und gemeinsam Diskussionen starten. Die Seite ist frei erkundbar und vollständig editierbar, sodass sie nicht nur zum Austausch dient, sondern auch kreativ mit ASCII-Art gestaltet werden kann.
FALTUMSCHLAG
Außerdem enthält das Buch ein zusätzliches Faltplakat das als Buchumschlag genutzt werden kann. Es vermittelt die UN-Kinderrechte sowie verschiedene Methoden des stillen Protests als weitere Inspiration des in Aktion tretens. Durch seine spezielle Faltung kann es auf sechs unterschiedliche Arten entfaltet und verwendet werden, je nachdem, welche Inhalte in den Fokus gerückt werden sollen. So dient es gleichzeitig als Informationsquelle und Individualisierbare Gestaltungsmittel für die Nutzer:innen.
DER VERLAG
Die Stimme junger Menschen ist nicht nur im schulischen Kontext von Bedeutung – ihre Perspektiven werden in vielen Bereichen überhört. „Normal, aber unfair“ möchte genau hier ansetzen, indem es junge Meinungen sichtbar macht und ihnen Raum gibt, sich auszutauschen und aktiv zu werden.
Doch damit endet es nicht. Es gibt die Möglichkeit, weitere Bücher nach demselben Prinzip zu entwickeln, die sich mit verschiedenen Themen aus der Sicht junger Menschen befassen. Dabei stehen ihre Erfahrungen, Gedanken und Wünsche im Mittelpunkt.
VERBREITUNG
“normal aber unfair” wird im Verborgenen weitergegeben. Es gibt keine Pflicht es zu lesen und gerade das macht es spannend. Es flüstert statt zu predigen, stellt Fragen statt Fakten vorzugeben. Es gehört nicht den Erwachsenen, sondern den Jugendlichen.