In der Bachelor-Arbeit im 7. Semester bearbeiten die Studierenden anhand eines frei wählbaren Themas ein Gestaltungsprojekt, in dem sie ihre erlernten Kenntnisse in Recherche, Konzept und Entwurf praktisch anwenden.
MaRe.Hub ist eine Plattform, die Wissenschaftler:innen auf der ganzen Welt dabei unterstützt, Daten zu sammeln, kollaborativ zu entwickeln und die Erkenntnissgewinnung in der Meeresforschung adäquat zu stärken.
Ozeane bilden das größte zusammenhängende Ökosystem der Erde. Sie bedecken 70% der Erdoberfläche und sind der Lebensraum für Millionen von Arten. Dieses riesige Ökosystem gerät jedoch zunehmend aus dem Gleichgewicht. Die einzige Möglichkeit, diesen Wandel aufzuhalten und das Gleichgewicht wiederherzustellen, besteht darin, die zugrunde liegenden Mechanismen zu verstehen. Dabei sind Daten die an der Meeresoberfläche zu messen sind besonders relevant. Hier können beispielsweise Salzgehälter, Meeresströmungsverhältnisse, Temperaturverläufe und Wetterdaten gesammelt werden. Aus diesen physikalischen und biologischen Messungen, lassen sich unter anderem essenzielle Aussagen über Algenentwicklungen, Schmelzwasseranteile und Plastikmüllverläufe treffen.
Um möglichst viele Daten an unterschiedlichsten Orten erheben zu können, setzen Meeresforscher:innen sogenannte ‚Drifter’ ein. Dabei handelt es sich um Sonden, die auf hoher See ausgesetzt werden und durch die Gewässer treiben. Dabei sammeln sie, je nach Sensorik, Daten und übermitteln diese per Satellit. Diese Datensätze können von Wissenschaftler:innen aufwendig aufbereitet und analysiert werden. Drifter gelten als eines der wichtigsten Instrumente um Messungen in den oberen Meeresschichten durchzuführen.
Problembereiche
Das Arbeiten mit Driftern ist aus vielen Gründen mühsam und wird daher ihrer Bedeutsamkeit nicht gerecht. Herkömmliche Drifter haben keinerlei Steuerungsfunktion. Wissenschftler:innen können daher keinen Einfluss darauf nehmen wie sie sich nach ihrem Auswurf verhalten. Das führt nicht nur zu fehlender Kontrollierbarkeit, sondern auch zu kostspieligen Prozessen, um die Drifter wieder in die Forschungsinstitute zurückzuholen. Außerdem besitzen sie meist wenig Messleistung und in Kombination mit der fehlenden Fernsteuerung ist es nicht möglich agil und individuell auf Situationen zu reagieren.
Man könnte also im allgemeinen davon sprechen, dass es einen Mangel an Schnittstellen und Interaktionsmöglichkeiten gibt, um das volle Potential der Driftertechnologie auszuschöpfen.
Um diese Prozesse zu vereinfachen und den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden, wird derzeit eine neue Generation von Driftern entwickelt, die mit erhöhter Messleistung und einer Steuerungsfunktion ausgestattet sein werden. Dieses Projekt wurde von dem Meeresforschungsinstitut der Universität Oldenburg und dem Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz initiiert. Durch gegenseitige Neugierde an den jeweiligen Themenbereichen, ist eine interessenbasierte Kooperation enstanden, bei der wir uns mit der konzipierung einer Software auseinander gesetzt haben.
Mit Ma.Re Hub werden Wissenschaftler:innen in ihrer Arbeit unterstützt, in dem sie Expeditionen effizient vorausplanen, Drifter steuern, Daten auswerten und kollaborativ an der Weiterentwicklung der Drifter arbeiten
Planung
In der Planung einer Expedition kann über Werkzeuge mit kombinatorischen Möglichkeiten gearbeitet werden. Es wird individuell mit Unterstützung von künstlicher Intelligenz bestimmt, wo Drifterschwärme ausgeworfen werden, welchen Weg sie gehen, welche Bereiche gemessen werden und welche Werte in welchem Intervall gemessen werden. Die Anwendung ist explorativ aufgebaut und ermöglicht Wissenschaftler:innen eine intuitive Benutzung. Die weitreichende Planung die durch die Anwendung möglich gemacht wird, können mehrere Forschungsfragen und Expeditionen kombiniert werden. Das heißt, dass Forschungsschiffe seltener und weniger weit ausfahren müssen um Drifter einzusetzen. Außerdem verhält sich das Planen auch bei fortlaufender Entwicklung der Driftertechnolgie adaptiv.
Expeditionsübersicht
Innerhab der Expedition im Bereich Map haben die Forscher:innen eine Übersicht über die aktuellen Aufenthaltsorte und Informationen der Drifter. Dieser Bereich bietet die beste Übersicht über den Verlauf und den Status quo einer Expedition und man kann individuell reagieren. So können über das kontextsensitive Modul Informationen zu einzelnen Driftern eingeholt werden und man kann in ihre letzten Messintervalle einsehen. Drifter auf Abwegen werden rot markiert und können bei Bedarf in den Energiesparmodus versetzt werden.
Open Science
Durch den Open Science Gedanken entsteht eine Plattform, die es ermöglicht, mit Forscher:innen der ganzen Welt kollaborativ zusammenzuarbeiten. Es gibt Einsicht auf Forschungsergebnisse, welche wiederum helfen, eigene Forschungsfragen zu beantworten und zum weiteren Austausch anregen. Gemeinsam kann abgestimmt werden, wann und wie sich der Drifter-Konstruktionsplan und die Software verändert oder anpasst.
Ausblick
Unsere Anwendung in Kombination mit der neuen Generation technisch ausgereifterer Drifter, kann der Forschung viele neue Erkenntnisse bringen. Es entstehen trotz Mehrkosten bei Material und Produktion erhebliche Einsparungen, da der Auswurf in nächster Nähe stattfinden kann. Außerdem müssen die Drifter dank ihrer Steuerungsfähigkeit nicht mehr unter großen Aufwänden zurückgeholt werden. Die ausgebaute Sensorik in den Driftern ist in der Lage, Forschungsfragen zielgerichteter voranzutreiben und Daten zu sammeln, die sowohl in ihrer Qualität, als auch in ihrer Masse, den Möglichkeiten von herkömmlichen Forschungsexpeditionen überlegen sind. Dadurch erhoffen wir uns einen weitreichenden Anstieg der Verwendung, sowie einen Fortschritt in Sachen kollaboratives Arbeiten und Gemeinschaftssinn innerhalb von Forschung und Naturschutz im weiteren Sinne. Wir sehen diese Technologie daher nicht nur bei Meereforschungszentren und Universitäten, sondern in Zukunft auch in der Seenotrettung, der Wetterwarnung, dem Katastrophenschutz (Ölteppiche, Plastikinseln) und im direkten Auftrag von Politik und Privatwirtschaft.