In der Bachelor-Arbeit im 7. Semester bearbeiten die Studierenden anhand eines frei wählbaren Themas ein Gestaltungsprojekt, in dem sie ihre erlernten Kenntnisse in Recherche, Konzept und Entwurf praktisch anwenden.
Wertschätzung emotionaler Spannungsfelder bei Produktanwendungen
Die Arbeit untersucht das gestalterische Potenzial emotionaler Spannung und überträgt eine entwickelte Methodik auf verschiedene Produktkategorien. Im Zentrum steht dabei die Verbindung psychologischer Phänomene mit konkreten Gestaltungskonzepten.
Redewendungen wie „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ oder „Durch den Staub zu den Sternen“ sind den meisten geläufig, werden im Alltag jedoch meist als selbstverständliche Floskeln behandelt. Doch welche Bedeutung oder Relevanz steckt möglicherweise in ihnen und wie können sie insbesondere in der Produktgestaltung zu einer intensiver und bewusster erlebten Anwendung beitragen?
Mit dieser allgemeinen Neugier am Phänomen emotionaler Spannungen begann ich meine Bachelorarbeit und arbeitete mich von psychologischen Konzepten über Alltagsbeispiele bis hin zur historischen Entwicklung von Produktnutzungsprozessen vor. Auf dieser Grundlage entstanden im Laufe der Arbeit vier grundlegende Bausteine. Sie dienen dem übergeordneten Ziel, das Potenzial und die Akzeptanz emotionaler Spannungen bewusst zu machen und gegebenenfalls zu erhöhen.
DIE THEMATIK
Das erste Element meiner Arbeit ist im allgemeinen thematischen Kontext verortet und basiert auf einer Sammlung unterschiedlichster Alltagssituationen, in denen emotionale Spannung eine Rolle spielt. Diese wurden in einer kleinen Broschüre zusammengefasst, die durch freie Seiten ergänzt wurde, auf denen Leser*innen eigene Beobachtungen eintragen können.
DIE METHODIK
Das zweite Element ist ein direktes Ergebnis der Analyse- und Recherchearbeit und beschreibt eine methodische Herangehensweise zur Integration emotionaler Spannungsfelder in Produktentwicklungen. Hierbei werden gezielt kontrastierende Phasen genutzt, um für Nutzer*innen eine emotional bereichernde Produkterfahrung zu schaffen. Aus den Beispielen der Broschüre ließ sich ein verbindendes Element ableiten, das den Übergang von unangenehmen zu positiv aufgeladenen Zuständen unterstützt. Dieses Element wurde angepasst und definiert und in einem symbolischen Objekt visualisiert: Ein abstrahiertes Newton-Pendel vermittelt dabei das Prinzip der Methode und macht ihre Wirkweise nachvollziehbar.
MIT UMFANG
Auf dieser Basis wurden im dritten Teil zwei demonstrative Produktkonzepte formuliert und visualisiert. Sie verdeutlichen die Übertragbarkeit des methodischen Ansatzes auf alltägliche Produktanwendungen. Die entstandenen Konzepte, eine Streaming-Plattform und ein adaptives Produkt zur temporären Umwandlung eines Fahrrads in ein E-Bike, sollen die Thematik in einen allgemein nachvollziehbaren Gestaltungskontext überführen. Beide Produkte arbeiten mit gezielter emotionaler Spannung durch erhöhten Nutzeraufwand. So wird das E-Bike über zuvor vom Nutzer selbst generierte Energie versorgt und auf der Streaming-Plattform muss vor dem Ansehen einer Folge jeweils eine Episode in Tetxform gelesen werden.
MIT RELEVANZ
Das vierte Element schließlich überführt Thematik und Methodik in einen gestalterischen Rahmen mit stärkerer Relevanz und emotional intensiveren Spannungsfeldern. In einer iterativen Schleife mit Bezug zur Recherchephase ließ sich eine strukturelle Verwandtschaft zwischen meinem methodischen Prinzip und einer verhaltenstherapeutischen Anwendung in der Psychologie feststellen. Daraus entstand ein unterstützendes Produkt zur Anwendung in Konfrontationstherapien, bei denen Patient*innen gezielt und intensiv durch emotionale Spannungsphasen geführt werden, um negative Habituierungen zu vermeiden und mentale Entlastung sowie Genesung zu ermöglichen. Im Rahmen einer gezielten Produktentwicklung, basierend auf der dynamisch formulierten Methodik, wurde eine Therapieweste gestaltet. Diese verstärkt durch körperliche Reize in Form von Kompression die Exposition gegenüber negativen Emotionen und Stimuli. Durch eine kontrollierte, emotionale Transition führt die physische Dekompression die Patienten schließlich in einen Zustand der Erleichterung und Entspannung. Zudem bestand das Ziel darin, das körperlich erfahrbare Spektrum emotionaler Spannung auch für Menschen ohne therapeutischen Hintergrund mittels eines Prototyps erlebbar zu machen.